LTE:Ohrenbetäubendes Piepen

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Überall schnelles Internet? Mit LTE dürfte das schon bald möglich sein. Doch die neue Technik wirft auch neue Probleme auf.

Matthias Pöls

DachauDer Ausbau von LTE soll endlich auch die entlegenen Gemeinden im Landkreis mit Breitbandinternet-Netz anschließen. Mit einem breit ausgedehntem Funknetz können auch entfernte Dörfer mit wenigen Einwohnern kostendeckend mit schnellem Internet versorgt werden. Doch wie bei fast jeder technischen Neuerungen sind damit nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile verbunden. Die Einführung von Long Term Evolution (LTE) kann Auswirkungen auf den analogen Fernsehempfang und Funkmikrofone haben.

Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle", erklärt Philipp Schmid vom ASV Dachau. Dem Veranstaltungstechniker ist das Problem schon länger bekannt. Als vor zwei Jahren klar wurde, dass die Frequenzen versteigert werden sollen, habe es einen "riesigen Aufschrei" in der Branche gegeben. Denn davon sind auch die bisher für alle frei zugänglichen Funkfrequenzen betroffen. Mittlerweile hätten sich die meisten Hersteller aber darauf eingestellt. Beim Kauf von neuen Geräten sollte es also zu keinen Problemen kommen.

Allerdings könne es bei älteren Geräte zu Störungen kommen, durch sogenannte Interferenzen. Das sind Überlagerungen von Funkwellen. In der Praxis bedeutet das: Mitten in der schönsten Ansage eines Moderators gibt es ein ohrenbetäubendes Piepen oder im weniger spektakulären Fall ist einfach nichts zu hören. In manchen Fällen gebe die Bundesnetzagentur eine finanzielle Entschädigung für die nicht mehr nutzbaren Geräte.

Auch der analoge Fernsehempfang liegt teilweise im betroffenen Frequenzbereich. "Wenn die LTE-Funkanlagen in Betrieb gehen, könne es dazu kommen, dass bei uns ein Kanal ausfällt", erklärt Sven Mersa, Leiter Service und Vertrieb der Stadtwerke Dachau. Das sei der CityCom, der Stadtwerketochter für das Glasfasernnetz, bereits bekannt, aber: "Wir erfahren erst davon, wenn es bereits zu Störungen kommt, die uns die Kunden mitteilen", sagt Mersa. Es gebe einfach keine Auskunft darüber, an welchen Standorten LTE-Anlagen in welchem Frequenzbereich installiert werden. So könne es bei der CityCom zu Störungen an der Kopfstation kommen. In diesen Fall sei man aber vorbereitet, es werde dann eine Abschirmanlage installiert. Mit dem Nachteil, dass man bei Reparaturen schlechter an die Kopfstation komme oder diese erst abmontiere müsse. Für die Fernsehzuschauer bedeutet die "Digitale Dividende" aber ohnehin: Bis spätestens 2012 sollen alle analogen Kanäle abgeschaltet werden.

Die Unternehmen geben nicht viel preis über die Standorte und Frequenzen der jeweiligen LTE-Anlagen. Die großen Unternehmen wie Telekom, O2 und Vodafone haben vor kurzem begonnen LTE-Anlagen zu installieren, in ganz Deutschland, also auch im Landkreis Dachau. Vor einem Jahr haben diese Mobilfunkanbieter und E-plus die Frequenzen im Bereich 800, 1800, 2200, 2600 Megahertz über die Bundesnetzagentur für insgesamt rund 4,3 Milliarden Euro ersteigert. Damit haben sie gleichzeitig die Pflicht auferlegt bekommen bis spätestens 2016 mindestens 90 Prozent der Bevölkerung in der Bundesrepublik mit Breitbandinternet zu versorgen. Das muss aber nicht allein über LTE passieren; Glasfaserkabel und 3G (UMTS) zählen ebenso zu den Versorgungsmöglichkeiten mit Breitbandinternet.

Durch die teilweise mangelnde Informationspolitik ist noch offen, wer einen Anschluss erhält und wann. Auch die betroffenen Funkmikrofonbesitzer können nur abwarten. Denn abhängig vom jeweiligen Standort könne eine LTE-Anlage auch keinerlei Auswirkungen haben. Das hängt vom eigenem Standort ab: Sogenannte Funkschatten können durch dicke Wände, hohe Gebäude oder Berge das Signal dämpfen bis absorbieren.

Recht wahrscheinlich ist, dass vor allem im ländlichen Bereich eher LTE-Anlagen im 800 Megahertz Bereich installiert werden, da dieser eine höhere Reichweite hat. Während in den Städten eher die höher-frequenten Anlagen mit 1800, 2200 oder 2600 Megahertz eingesetzt würden. "Die haben mehr Durchschlagskraft. Wenn zum Beispiel ein Gebäude im Weg steht, muss so nicht gleich ein Funkloch entstehen", erklärt Philipp Schmid. So erfahren die Bürger vieles erst, wenn es sie betrifft. Erst die Erfahrung wird zeigen, welche Auswirkungen der LTE-Ausbau haben wird.

© SZ vom 06.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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