Kabarett:Seitenhiebe

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Bianca Bachmann und Bernhard Gruber von der Couplet AG. (Foto: Georgine Treybal)

Die Couplet AG und ihr neues Programm über Politik und Privates in der Post in Schwabhausen

Von Renate Zauscher, Schwabhausen

Die Erwartungen waren hoch. Denn der Auftritt der Couplet AG in Schwabhausen war der erste, unmittelbar nach der Premiere in München. Würde das neue Programm halten, was man sich von der Couplet AG erhoffen darf? Jürgen Kirner, Bernhard Gruber, Bianca Bachmann und Berni Filser gehören schließlich seit Jahren zum Besten, was das deutsche Musik-Kabarett zu bieten hat. Die Gruppe, die sich mit vollem Namen als "Couplet Arterhaltungs-Gesellschaft" bezeichnet, sieht sich in der Tradition des Couplets, das seine Blütezeit Anfang des 20. Jahrhunderts in Berlin, Wien und München hatte. Seit ihrer Gründung 1991 mit damals noch teilweise anderer Besetzung hat die Couplet AG inzwischen ein ganz eigenes Profil entwickelt, mit hohem musikalischem wie kabarettistischem Anspruch.

Im ersten Teil des neuen Programms "Wir kommen - oder die Rache der Chromosomen" kamen Zweifel auf. Um Familie also geht es, um die vielen Typen, mit denen man, ob man nun will oder nicht, verwandt ist, für die man sich oft fremdschämen muss, die vielleicht sogar die eigenen Kinder sind.

Ein Rückzug ins Private also? Der ein oder andere nicht wirklich zündende Trump-Witz und die eher undankbaren Rollen von Bernhard Gruber und Berni Filser als Pausenclowns zwischen den Szenen machten die Sache nicht besser. Dann aber nahm das Programm plötzlich Fahrt auf, wurde politischer und sehr viel deutlicher in seiner Aussage. Es wurden, manchmal auch nur subtil in einem Nebensatz, Seitenhiebe auf die Politik in Wahlkampfzeiten ausgeteilt - so wie etwa der Rat, im Notfall nach Afghanistan zu flüchten, weil man von dort "nicht ausgewiesen wird".

Im Mittelpunkt steht wie immer Jürgen Kirner, während Bernhard Gruber, Mit-Begründer der Couplet AG, zwar für den eminent wichtigen musikalischen Part zuständig ist, auf der Bühne aber vor allem als Akkordeon-Spieler neben Berni Filser an der Gitarre agiert. Kirner brilliert als letzter SPDler, der über das Aussterben seiner Partei kummervoll räsoniert, gibt überzeugend den russisch-polnisch-bulgarischen, auf jeden Fall sehr dubiosen Security-Typen, oder glänzt in der Rolle des tattrigen Rentners, der aus Abfallkörben die Pfandflaschen angelt, die er zum Lebensunterhalt braucht. "Flasche" ist für ihn dann auch das Stichwort, um über Angela Merkels "Flaschen-Sammeln" zu sinnieren ("auch bei der CSU") oder über den "Flaschengeist" Söder, den nur noch der alte Franz Josef Strauß unter Verschluss halten kann.

In Bianca Bachmann, seit 2008 bei der Couplet AG, hat Kirner eine kongeniale Partnerin gefunden. Wunderbar ihr Wienerisches Prolo-Paar, das - Bierflasche in der Hand - alkoholumnebelt über ihre Paar-Beziehung nachdenkt. Oder auch ihr Auftritt als Bauern im stall-typischen Outfit, das plant, statt eines "selbstgemachten" Kindes lieber eines aus Afrika zum Hoferben zu machen, um dann selbst im Kongo, von der Verwandtschaft gepflegt, den Lebensabend zu verbringen. Als sächselnde Doktoren, die Heilung à la Google versprechen, treffen Kirner und Bachmann, Gruber und Filser, den Nerv der Zeit. Ohnehin gibt es keinen Dialekt, keinen Typ, den Kirner nicht bis in kleinste Nuancen des Tonfalls und der Gesten satirisch überhöht darstellen könnte.

Auf der "Oidn Wiesn" des Oktoberfests ist die Couplet AG mit dabei, wenn dort 18 Tage lang Volksmusikanten aus ganz Bayern zu hören sind. Und am Freitag, 8. Dezember, gastiert sie im Ludwig-Thoma-Haus.

© SZ vom 16.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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