Gegen den Verkehrskollaps:Löwls neue Variante

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Der Landrat stellt auf der Grundlage eines aktualisierten Verkehrsgutachtens Pläne für eine kürzere Trasse der Nord-Ost-Umfahrung vor, die Dachau entlastet, aber günstiger und umweltfreundlicher sein soll

Von Viktoria Großmann und Petra Schafflik, Dachau

Die Nord-Ost-Umfahrung für Dachau, seit Jahren ein Lieblingsprojekt der CSU, wird von Landrat Stefan Löwl (CSU) massiv unterstützt. Nun sogar mit einem Vorschlag für eine neue Trasse im Norden. Diese soll kürzer, dadurch günstiger und umweltfreundlicher sein, aber ganz ähnliche Effekte bringen, erklärt er am Freitag in einem Pressegespräch im Landratsamt. Dass die Umgehung positive Effekte bringen wird, davon ist der Landrat überzeugt. Gegner der Umgehungsstraße werfen den Befürwortern vor, dass der Nutzen marginal sei, der Schaden für die Natur aber immens. Zitiert wird häufig ein Gutachten aus dem Jahr 2004. Löwl setzt diesem ein gerade erst aktualisiertes Gutachten entgegen. Auf einem Diskussionsforum des CSU-Ortsverbandes am Donnerstagabend sagte er zudem, auch fünf Prozent könnten an kritischen Stellen entscheidend sein, um den Verkehr wieder fließen zu lassen.

Nach bisherigen Ideen sollte die Nordumfahrung ein paar Kilometer vor der Kreuzung der Staatsstraßen 2047 und 2050 beginnen, nördlich Pullhausen und die Ziegelei in Pellheim umfahren und schließlich zwischen Prittlbach und Etzenhausen auf die Freisinger Straße beziehungsweise auf die Staatsstraße 2338 treffen. Die kürzere Variante würde nun erst kurz vor Webling beginnen und die Ziegelei südlich umfahren. Die Effekte sind laut Löwl vergleichbar. Nicht die Innenstadt, so erklärt er auch dem Publikum in Drei Rosen, wohl aber Etzenhausen und Dachau-Ost würden "massiv profitieren."

Eine Umgehungsstraße soll massive Entlastung für Dachau Ost bringen, besonders wenn weitere Gewerbebetriebe eröffnet haben. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Löwls Gutachten geht von einem bebauten Seeber- und MD-Gelände und weiteren Betrieben in Dachau Ost aus. Ohne Umgehung würden auf der Schleißheimer Straße pro Tag bis zu 5000 Autos fahren. Die Trasse außerhalb der Stadt sei "kein Allheilmittel, aber ein wichtiger Baustein", betont Florian Schiller, Fraktionssprecher der CSU im Stadtrat am Donnerstagabend. "Denn es gilt den Kollaps abzuwenden.

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Kritisch sieht die Umgehung trotzdem Bernhard Sturm, Bündnis-Stadtrat und Interessenvertreter der Radfahrer. "Neue Kapazitäten erzeugen Verkehr", sagt er auf dem Informationsabend. Wichtig wäre vielmehr, neue Siedlungen im Hinterland nicht auf der grünen Wiese, sondern angebunden an den öffentlichen Nahverkehr zu bauen. Auch Peter Heller vom Bund Naturschutz vermutet, eine Umfahrung werde "den Pfropfen nur verschieben". Heller plädiert für Parkhäuser vor der Stadt, aber die, sagt Löwl, "stehen auch nicht morgen".

Dabei sind sich Löwl und Heller in diesem Punkt eigentlich einig. Im Pressegespräch legt Löwl erneut seine Pläne für die Breitenau dar. Geht es nach dem Landrat werden dort eine neue S-Bahnhaltestelle und ein Umsteigebahnhof für das gesamte Dachauer Hinterland eingerichtet. Löwl weiß, dass so ein Vorhaben mit der Bahn mindestens 20 Jahre dauert. Doch er holt wichtige Interessenten auf seine Seite. BMW sowie weitere große Firmen wie Knorr-Bremse, MTU und MAN hätten Interesse an einem Pilotprojekt, bei dem Werksbusse von einem Park-und-Ride-Platz abfahren könnten. Mitarbeiter sollen beim Einsteigen auch Einstempeln, ihre Arbeitszeit beginnt im Bus. Wenn auf diese Weise "eine kritische Masse erreicht sei", sagt Löwl, wäre das ein gewichtiges Argument für die Bahn, eine Station einzurichten.

Große Hoffnungen setzt Löwl auf einen Bahnhof Breitenau. (Foto: Niels P. Joergensen)

Das Thema Verkehr beschäftigt die Dachauer. Immerhin mehr als 80 Zuhörer sind zum Diskussionsabend des CSU-Ortsverbandes gekommen, der sich gezielt dem motorisierten Individualverkehr widmet. Im Publikum sitzen auch Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD), der Dachauer Bauamtsleiter Michael Simon, Werkleiter Gerald Nübel von den Stadtwerken und Vertreter von Umwelt- und Radfahrerverbänden. In der Analyse ist sich das Publikum mit dem CSU-Ortsvorsitzenden Tobias Stephan einig: Der Großraum München wird attraktiv bleiben, die Bevölkerung wachsen und mit ihr der Verkehr. Was die Leute nervt sind "neben der viel zu oft unpünktlichen S-Bahn die Auswirkungen des Individualverkehrs".

Diesem soll mit weiteren Umgehungen südlich von Hebertshausen sowie in Markt Indersdorf geholfen werden. Es sei in den vergangenen Jahren deutlich mehr Geld in den Nahverkehr investiert worden, denn in Straßen, erklärt Löwl. Zwischen 2008 und 2017 seien 23 Millionen Euro für Straßen ausgegeben worden, davon acht Millionen Euro für den Radverkehr. Der Rest wurde nicht etwa für Neubau, sondern Unterhalt und Sanierung verwendet. Im selben Zeitraum wurden für den ÖPNV 38 Millionen Euro ausgegeben.

"Wir haben in der Vergangenheit den Fehler gemacht, einseitig den Autoverkehr zu fördern", sagt Löwl am Freitag. "Wir wollen den Fehler nicht wiederholen und einseitig in Nah- und Radverkehr investieren." Der zunehmende Autoverkehr brauche geeignete Straßen. Gleichzeitig betont Löwl, dass bei der Erstellung des Gesamtverkehrskonzeptes mit dem Nah- und Radverkehr begonnen wurde und für diesen viel Zeit aufgewendet werde.

Der Verkehrsclub Deutschland hat erst in dieser Woche ein offizielles Schreiben an den Landrat gerichtet und mehr Maßnahmen gefordert, Autoverkehr zu reduzieren. Löwl rechnet nun vor, selbst wenn idealerweise alle Möglichkeiten genutzt würden, das Auto stehen zu lassen, seien nur acht Prozent weniger Autoverkehr zu erwarten. Realistisch seien es eher nur drei Prozent. Durch das weitere Wachstum werde der Effekt kaum spürbar sein.

Landrat Löwl versucht, allen gerecht zu werden. Die Nord-Ost-Umgehung für Dachau bringe nicht nur Entlastung, sondern solle zugleich genutzt werden, um den innerstädtischen Verkehr auszubremsen, sagt er. Mehr Tempo-30-Zonen, mehr Radwege, mehr Zebrastreifen. Als gelungenes Beispiel sehen alle Teilnehmer des Diskussionsabends die Münchner Straße an. Selbst Geschäftsleute zeigen sich nun zufrieden. Die Statistik zeigt einen Rückgang der Unfälle von 33 auf 22 im Jahr. Die vielfach befürchtete Gefährdung der Radfahrer durch ausparkende Fahrzeuge ist ausgeblieben. Die CSU will weitere Diskussionsabende anbieten, demnächst zum Thema Öffentlicher Nahverkehr.

© SZ vom 17.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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