Dachau/Karlsfeld:Freude und Frust über reduziertes Landschaftsschutzgebiet

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Die Grundeigentümer bejubeln den Beschluss der Dachauer Kreispolitiker, die Bürgerinitiative Grünzug ist enttäuscht.

Von Robert Stocker und Gregor Schiegl, Dachau / Karlsfeld

Der Umwelt- und Kreisausschuss hat einem Antrag der CSU zugestimmt, das geplante Landschaftsschutzgebiet im östlichen Dachauer Moos völlig neu zu gestalten. Der Vorschlag von Dachau und Karlsfeld, auch Areale neben der Bajuwarenstraße in das Landschaftsschutzgebiet aufzunehmen, ist damit vom Tisch. Die Kommunen könnten die Gebiete durch Regelungen im Flächennutzungsplan vor Bebauung schützen, argumentiert die CSU. Die betroffenen Grundeigentümer sind über die Entscheidung sehr erfreut. Sie hatten Einschränkungen für ihre Betriebe befürchtet. Die Initiative Grünzug sieht den Willen der Mehrheit der Bürger missachtet und befürchtet eine weitere Zersiedelung des Dachauer Mooses.

Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) und Karlsfeld Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) waren in der Ausschusssitzung weder stimm- noch redeberechtigt, weil die Kommunen Grundeigentümer sind. Der Stadt Dachau gehe es nicht darum, eine Bebauung zu verhindern, sagte Hartmann nach der Sitzung. "Wir wollten ein Landschaftsschutzgebiet ausweisen lassen." Insofern sei die Debatte "unmöglich" gewesen. Man werde sehen, was jetzt die Verhandlungen mit dem Landkreis bringen.

Diese Flächen neben der Bajuwarenstraße sollen nicht als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen werden. (Foto: Toni Heigl)

"Wahlpropaganda der SPD"

"Die Entscheidung hat uns riesig gefreut", kommentiert die Ehefrau eines betroffenen Landwirts die neue Entwicklung. Sie bemängelt aber, dass die Grundeigentümer nicht von Anfang an in die Entscheidungsfindung miteinbezogen wurden. Die Eigentümer hätten bei den Fraktionen vorgesprochen, ihre Anliegen seien aber nicht durchgedrungen. Zu Sitzungen seien sie nie eingeladen worden. Für die Anliegen der Naturschützer hat die Landwirtin Verständnis. Auch ihr Betrieb habe bisher die Landschaft gepflegt. Doch es gehe darum, dass er das Land weiterhin ohne Einschränkungen bewirtschaften kann. "Der Beschluss bedeutet, dass der Grund und Boden seinen Wert behält." Die Deckelung durch ein Landschaftsschutzgebiet sei unnötig. "Wir haben nicht vor, auf unserem Land groß etwas zu verändern", sagt die Landwirtin. Das Landschaftsschutzgebiet sei Wahlpropaganda der SPD gewesen.

Auch Georg Kiening ist über die Entscheidung des Umwelt- und Kreisausschusses sehr erleichtert. Kiening besitzt eine große Gärtnerei an der Bajuwarenstraße. Läge sein Betriebsgelände im Landschaftsschutzgebiet, wäre er mit der Erweiterung seines Betriebes stark eingeschränkt. "Wenn ich jetzt erweitern will, habe ich ein vereinfachtes Bauverfahren." Das könne innerhalb eines Jahres abgewickelt werden. Andernfalls wäre ein Verfahren wesentlich aufwendiger, viele Auflagen müssten beachtet werden. Der Gärtnereibesitzer sieht im Umgriff seines Betriebes nicht viel Schützenswertes. Es werde dort hauptsächlich Mais angebaut. Außer ein paar Feldhasen seien nicht viele Wildtiere zu sehen. "Wir hatten bisher kaum Wildverbiss." Andererseits wünscht er sich auch kein Gewerbegebiet. "Ich finde es, so wie es ist, sehr gemütlich bei uns."

Sie können den Beschluss des Umwelt- und Kreisausschusses nicht nachvollziehen: Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann...

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(Foto: Fotos: Heigl, Jørgensen)

...und Bruno Schachtner von der Bürgerinitiative Grünzug Dachau und Karlsfeld.

Bürgerinitiative bleibt kämpferisch

Die Bürgerinitiative Grünzug Dachau und Karlsfeld macht erwartungsgemäß Front gegen die Entscheidung. "Es ist einfach sehr enttäuschend zu sehen, wie wenig Politikveranwortliche vorausschauen, nicht erkennen, dass die Mehrheit der Bürger den Luftaustausch, Raum für Erholung und Naturschutz brauchen", sagt Bruno Schachtner vom Vorstand der Initiative. Der gemeinsame Grünzug verbinde Dachau mit Karlsfeld, eine weitere Zersiedelung zerstöre ein Stück Heimat, einen Rest des Dachauer Mooses. "Das macht uns als Kunst- und Künstlerstadt unglaubwürdig, schadet der Umwelt und dem Naturschutz." Sehr ärgerlich und undemokratisch sei es, dass zwei eindeutige Bürgebegehren nicht respektiert würden. Warum frage man den Bürger überhaupt? Nur, um ihn mürbe zu machen? Schachtner und die Bürgerinitiative bleiben kämpferisch. "Wir geben nicht auf, Unvernunft, Dummheit und Eigennutz werden verlieren."

In die gleiche Kerbe hatten die Grünen in der Sitzung geschlagen. Roderich Zauscher, Kreisrat und Kreisvorsitzender des Bundes Naturschutz, äußerte gar den Verdacht, dass "Filz und Sumpf" bei der Entscheidung eine Rolle spielten. Es gehe um die wirtschaftlichen Interessen der Grundeigentümer, doch darüber werde nicht offengeredet. Das Verfahren sei deshalb unehrlich. Marese Hoffmann warnte davor, Einzelinteressen über das Gemeinwohl zu stellen. Der Schutz des Mooses trete durch die Änderung in den Hintergrund. In der Gemeinde Balderschwang im Allgäu sei es ähnlich gewesen. Dort werde jetzt trotz Bedenken der Naturschützer eine Skischaukel errichtet. "Das Moos ist ein Teil unserer Identität", betonte Hoffmann. Es müsse gegen Geschäftsinteressen und auch gegen die Interessen der Landwirte verteidigt werden.

© SZ vom 15.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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