Dachau:Wirtschaft rebelliert gegen Dieselfahrverbot

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Dachauer Handwerksbetriebe laufen Sturm gegen die Pläne des Münchner Oberbürgermeisters. Sie befürchten geschäftliche Einbußen.

Von Christiane Bracht, Dachau

Das von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) angekündigte Dieselfahrverbot für die Landeshauptstadt erzürnt Handwerker und Unternehmer im Landkreis Dachau. Viele von ihnen wären betroffen. "Ich hoffe, dass das Handwerk auf die Straße geht", sagt der Dachauer Schreiner und Kreishandwerksmeister Ulrich Dachs. Walter Sedlmeier, Maler- und Lackierermeister aus Dachau, findet sogar noch drastischere Worte: "Wenn Reiter das durchbringt, werden sie ihn an einen Baum hinhängen", sagt er. Eiskalter Wind werde ihm entgegenwehen, prophezeit Sedlmeier weiter, denn so viele Institutionen seien dagegen, jetzt werden "die Innungen Gas geben". Das Dachauer Entsorgungsunternehmen Peter Fink kündigt sogar an, dass es Leute entlassen müsse, wenn die Laster nicht mehr nach München hineinfahren könnten. Denn wenn man die Aufträge nicht mehr annehmen könne, bedeute das Einschnitte, sagt Betriebsleiter Andreas Bauer.

Doch noch glauben die Firmeninhaber nicht so ganz, dass Reiter seine Ankündigung tatsächlich umsetzt. "Wir warten erst mal ab", ist bei den meisten der Tenor. Bäckermeister Anton Gürtner aus Oberroth hat das Verbot dagegen schon lange kommen sehen. Sein Betrieb gilt als ökologisch vorbildlich. "Wir sind die einzigen, die kohlenstoffdioxidneutral produzieren", sagt er stolz. Und er will federführend bleiben, wenn es um Umweltfreundlichkeit geht. Deshalb hat Gürtner sich schon vor längerer Zeit einem Pool von deutschen Unternehmern angeschlossen, die Elektrofahrzeuge für ihren Betrieb haben wollen. Im Umkreis von München ist Gürtner der einzige, der dabei ist. "Momentan gibt es nur leider keine Transporter in der Größe, die wir brauchen", sagt er. Etwa 13 Kubikmeter Ladevolumen braucht der Oberrother. Außerdem muss der Wagen eine Reichweite von mindestens 150 Kilometern haben.

Bio-Bäcker Anton Gürtner aus Oberroth will Diesel-Fuhrpark aus vier Lieferwagen und einem rollenden Markstand auf E-Mobile umstellen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Firmeninhaber aus ganz Deutschland recherchieren derzeit, welcher Hersteller als erstes einen brauchbaren E-Transporter produziert. "Die Reservierung läuft bereits", sagt Gürtner. Noch in diesem Jahr hofft er, den ersten Elektrowagen zu haben. Dann wäre der Bio-Bäcker für das mögliche Dieselfahrverbot gewappnet. Er könnte weiter jeden Tag nach München liefern. Die E-Ladestation wird demnächst auf seinem Firmengelände installiert. Gespeist werden soll sie durch die Fotovoltaikanlage, die Gürtner bereits hat. "Wenn die Sonne am höchsten steht, ist die Auslieferung fertig, die Fahrzeuge stehen wieder auf dem Hof", freut er sich.

Erst mal Ruhe bewahren

Für Schreinermeister Dachs wäre das Diesel-Fahrverbot dagegen existenzbedrohlich. Der Dachauer hat sich auf denkmalgeschützte Häuser spezialisiert. Die meisten seiner Kunden, für die er Treppen und Balkenkonstruktionen baut, wohnen in München. Dürfte er nicht mehr in die Landeshauptstadt fahren, könnte er nicht mehr liefern und arbeiten. Dürfte er nur noch jeden zweiten Tag in die Innenstadt, würde sich das auf den Preis auswirken, denn die Arbeiten dauern dann auch viel länger. "Elektrofahrzeuge gibt es nur bis 2,8 Tonnen", sagt er. Er brauche jedoch größere Laster mit einem Motor, der die schweren Holzteile transportieren kann. "Vielleicht gibt es den in 10 oder 20 Jahren. Die Entwicklung ist eindeutig hinterher", klagt Dachs. Dennoch will er erst mal Ruhe bewahren. Auch Maler Sedlmeier lehnt sich zurück: "Das Diesel-Fahrverbot kommt nicht", sagt er. "Oder man muss halt einen Aufpreis zahlen, so wie es jetzt auch ist, wenn man ältere Fahrzeuge hat."

Katharina Merk vom gleichnamigen Omnibusunternehmen in Odelzhausen winkt ab: "Wir sind nicht betroffen", sagt sie. Klar, fahren ihre Busse mit Diesel und die Fahrer holen auch Reisegruppen in München ab. Aber Merk ist überzeugt: "Das kann sich München nicht leisten, dass es Busse nicht mehr hineinlässt. Der Tourismus ist ein großer Wirtschaftszweig, den darf man nicht schlagen." Die Odelzhausenerin vertraut insoweit auf die Macht der Wirtschaft. "Der Zentrale Omnibus Bahnhof (ZOB) wäre von heute auf morgen leer", sagt sie.

Merk schimpft eher auf die Fehler in der Vergangenheit. München habe es vor 20 Jahren versäumt, den Verkehr ordentlich zu regeln, nun kollabiere er. Auch Dachs ist sich sicher, wenn die Stadt eine Ring-S-Bahn gebaut hätte, würden viel mehr Pendler auf ihr Auto verzichten und der Verkehr würde besser fließen. Für Andreas Bauer, Betriebsleiter vom Dachauer Entsorgungsunternehmen Peter Fink, liegt das größte Problem darin, dass in Bayern alles zentral in München liegt. Würde man zum Beispiel Ämter in strukturschwächere Regionen wie Deggendorf oder Franken verlagern, gäbe es weniger Verkehr in München und auch weniger Feinstaub.

© SZ vom 20.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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