Ludwig-Thoma-Haus.:Protestkundgebung vor AfD-Veranstaltung geplant

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Der Runde Tisch gegen Rassismus wirbt in Dachau für Toleranz und Menschenrechte.

Von Anna-Sophia Lang, Dachau

Von einer expliziten Gegenveranstaltung möchte Sören Schneider zwar nicht sprechen. Was der Runde Tisch gegen Rassismus am 4. Juli auf dem Rathausplatz in Dachau vorhat, kommt dennoch einer gewaltigen Gegendemonstration gleich. Denn an jenem Montagabend findet nur wenige Meter vom Rathausplatz entfernt, im Ludwig-Thoma-Haus, ein Vortrag statt. Eingeladen hat der Kreisverband Dachau-Fürstenfeldbruck der Alternative für Deutschland (AfD), sprechen wird Ulrich Vosgerau, Dozent für Staatsrecht an der Universität Köln. "Ist das Asylrecht noch zu halten?", lautet der Titel seines Vortrags. Seine Antwort: Nein, eine Obergrenze sei rechtlich möglich. Eine These, die Vosgerau zuletzt unter anderem in der Wochenzeitung "Die Junge Freiheit" verfochten hat, die der Neuen Rechten zugeordnet wird, und im Polit-Magazin Cicero. "An der Grenze zwischen Bayern und Österreich findet seit Wochen ein staatlich initiierter Rechtsbruch statt", schreibt er in einem Gastbeitrag. "Die an der Grenze eingesetzten Polizisten betätigen sich auf Anweisung der Bundesregierung als Schleuser, und die Bundeskanzlerin steht an der Spitze eines organisierten Machtapparats, der täglich offenbar bis zu 10 000 Menschen illegal nach Deutschland bringt."

Referent wirft der Bundesregierung Rechtsbruch vor

Zufall ist es also nicht, dass der Runde Tisch gegen Rassismus um 18.30 Uhr, eine Stunde, bevor die Veranstaltung im Thoma-Haus beginnt, auf den Rathausplatz einlädt. Dort stellen seine Vertreter ein Positionspapier vor, das sie in den vergangenen Monaten erarbeitet haben. Es ist ein Plädoyer für Menschenrechte und Toleranz, das rassistische Diskriminierung verurteilt. "Dachau als ehemaliger Standort eines der ersten Konzentrationslager in Deutschland ist heute ein wichtiger Lernort", heißt es in dem Papier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. "Das schließt ein entschiedenes Eintreten gegen Rechtsextremismus sowie gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ein." Die Neue Rechte, zu der die AfD gezählt wird, versuche durch eine vordergründige Distanzierung von nazistischen Positionen, rechtsradikale und nationalchauvinistische Positionen wieder salonfähig zu machen. "Während keineswegs jede/r, der/die Sorgen ausdrückt, gleich als rechtsradikal bezeichnet werden sollte, gehen diese ,Bedenkenträger' zugleich ein - vielleicht ungewolltes - Bündnis mit rechtsextremen Gruppierungen ein." Eine ständige Auseinandersetzung mit dem Begriff "Rassismus" und seinen Erscheinungsformen sei unabdingbar. Dafür wolle sich der Runde Tisch einsetzen. Zu der Initiative gehören die Stadt Dachau, die KZ-Gedenkstätte, alle Parteien und Wählervereinigungen des Stadtrats, evangelische und katholische Gemeinden sowie der türkisch-islamische Verein, außerdem Caritas, Arbeiterwohlfahrt, Zeitgeschichtsvereine, der Freiraum und der Bürgertreff-Ost.

Vosgeraus Vortrag ist die zweite Veranstaltung der AfD im Thoma-Haus seit Herbst 2015, als der Islamkritiker Hamed Abdel-Samad eingeladen war. Zum zweiten Mal positioniert sich der Runde Tisch eindeutig gegen die Partei, deren Kurs gegen geflüchtete Menschen während der vergangenen Monate immer extremer geworden ist. Im Landkreis Dachau ist sie bisher nur selten in Erscheinung getreten. Im Herbst kamen nicht viele Sympathisanten, um Abdel-Samads Vortrag zu hören. Drei Mal so viele Menschen versammelten sich vor dem Eingang zu einer Mahnwache, die der Runde Tisch initiiert hatte. Diesmal sei der AfD-Vortrag "ein Anlass, aber kein Grund", sagt Sören Schneider. "Unsere Veranstaltung spricht für sich selbst." Das Zusammentreffen auf dem Rathausplatz solle ein "kulturelles Happening" sein. Das Positionspapier wird in gedruckter Form verteilt, außerdem tritt die Folk-Band Hussy Hicks auf. Schneider glaubt, dass auch diesmal nicht viele Dachauer ins Thoma-Haus gehen werden. "Wir sind demokratisch genug, um zu sagen, wer hin gehen will, soll das tun, auch wenn wir keine große Freude daran haben", sagt er. "Aber wer nach unserer Veranstaltung noch zur AfD will, hat wenigstens ein entsprechendes Dokument an der Hand, mit dem er sie vergleichen kann."

© SZ vom 21.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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