Bergkirchen:Die Angst vor einer neuen Flut

Lesezeit: 3 min

Das Hochwasser Anfang Juni richtete in Günding hohe Schäden an. Jetzt beschäftigt die Bürger und den Gemeinderat die Frage, wie sich eine Überschwemmung dieses Ausmaßes künftig verhindern lässt.

Von Petra Schafflik

Die Ölspur auf der Straße zeugt von übergelaufenen Öltanks. Foto: Jørgensen (Foto: © joergensen.com)

Aus liebevoll gepflegten Gärten leuchten bunte Blumenrabatten, in der Bulachstraße in Günding herrscht die beschauliche Ruhe des Sommers. Noch vor gut zwei Wochen hat es dort ganz anders ausgesehen: Wie ein rauschender Wildbach ist das Wasser am 2. Juni durch das Wohnviertel geschossen. Die Maisach und der abzweigende Bulachgraben konnten an jenem Sonntag nach mehreren Tagen Dauerregen die Wassermassen nicht mehr fassen, die Flut drang ungebremst in die Siedlung ein. In Bergkirchen hat das Juni-Hochwasser zwar auch in anderen Ortsteilen wie Gröbenried, Eschenried und Neuhimmelreich Schäden angerichtet. Doch das ungewöhnliche Hochwasser der Maisach erhitzt die Gemüter am stärksten und beschäftigte deshalb jetzt bereits den Gemeinderat. Nachdem für den technischen Hochwasserschutz das Wasserwirtschaftsamt zuständig ist, will die Gemeinde Hausbesitzer zumindest sofort über Selbstschutzmaßnahmen und spezielle Versicherungen beraten. Ein Infoabend ist noch im Juli geplant.

Wie flächendeckend die Wassermassen der Maisach beim Juni-Hochwasser den südlichen Teil von Günding im Griff hatten, wie ganze Straßenzüge samt Sportplatz binnen weniger Stunden in eine Seenlandschaft verwandelt wurden, das führte Bürgermeister Simon Landmann (CSU) dem Gemeinderat mit eindrucksvollen Fotos wieder vor Augen. Auch ein Blick in die Einsatzstatistik macht das Ausmaß der Flut schnell klar: Allein die acht örtlichen Feuerwehren mit ihren 130 ehrenamtlichen Kräften rückten zu 159 Einsätzen aus, um Keller leer zu pumpen und aufschwimmende Heizöltanks zu sichern. Weil hohe Sachschäden entstanden sind, hat die Gemeinde bereits 380 500 Euro an sogenanntem Sofortgeld an 167 Haushalte und 26 Betriebe ausgezahlt, informierte Verwaltungsleiter Siegfried Ketterl.

Doch mehr als die Regulierung der aktuellen Schäden beschäftigt die Bürger und jetzt auch den Gemeinderat die Frage, wie sich ein derartiges Hochwasser künftig vermeiden lässt. Auslöser der Überschwemmung war, dass Fluss und abzweigender Bulachgraben etwa ab der Maisachbrücke die heranströmenden Wassermassen nicht aufnehmen konnten und über die Ufer traten. Die Fluten verteilten sich über die Sankt-Veit- und Bulachstraße, strömten der Fahrbahn entlang wie in einem Bachbett ins Wohngebiet.

Diesen neuralgischen Punkt hat das Wasserwirtschaftsamt als zuständige Behörde für den Hochwasserschutz bereits im Blick. Das berichtete der Bürgermeister, der vorige Woche mit den Fachleuten beraten hat. Tatsächlich können die Maisach an der Gündinger Mühle nur maximal neun Kubikmeter Wasser pro Sekunde passieren. Viel zu wenig, denn jetzt im Juni sind 28 Kubikmeter pro Sekunde herangeflutet, bei einem sogenannten hundertjährigen Hochwasser müsste mit 30 Kubikmetern pro Sekunde mehr als das Dreifache durchfließen. Wassermengen, die in der Vergangenheit mehrmals überschritten worden sind, die Statistik des Wasserwirtschaftsamts weist für den 30. Mai 1940 enorme 44,7 Kubikmeter pro Sekunde, für den 21. August 1966 immerhin erneut 42,5 Kubikmeter pro Sekunde aus.

Um nun den Fluss bei Hochwasser zu entlasten, hat das Wasserwirtschaftsamt im vorigen Jahr eine Studie für einen südlichen Entlastungskanal erstellt. Allerdings hatte dieser mit Baukosten von 8,5 Millionen Euro kalkulierte Hochwasserschutz bislang wenig Aussicht auf Realisierung, das Projekt stand auf der Prioritätenliste weit hinten. Das soll sich ändern, das Wasserwirtschaftsamt prüft jetzt erneut die Dringlichkeit. "Es schaut gut aus", sagt Verwaltungschef Ketterl. Schnelle Abhilfe dürfen sich die Bürger aber nicht erwarten, denn ein Planfeststellungsverfahren, wie es für einen derartigen Kanal notwendig wird, dauert erfahrungsgemäß Jahre. Auf eine Entlastung der Maisach drängt auch die CSU-Fraktion, die in einem Antrag drei Ansatzpunkte für eine "kleine Lösung" mit überschaubaren Kosten präsentiert hat. Das Wasserwirtschaftsamt soll den Durchfluss des Flusses prüfen, so CSU-Sprecher Josef Kranz. "Es kann nicht sein, dass durch einen Anstieg von lediglich 15 Zentimetern an der Maisachbrücke das Wasser gestaut wird." Dort, wo die Behörde den Entlastungskanal plant, schlägt die CSU eine weniger kostenträchtige einfache Ableitung vor. "Man muss dem Wasser eine Chance geben, dass es wegläuft", so Kranz. Weil sich das Wasser an einem Tiefpunkt der Sankt-Vitus-Straße den Weg in die Wohngebiete gebahnt hat, will die Gemeinde den Höhenverlauf der Fahrbahn vermessen. Sollte es sich als hilfreich erweisen, könnte die Trasse dort angehoben werden. Alles Maßnahmen, die ein wenig Zeit brauchen. Als Soforthilfe ist deshalb jetzt für alle Geschädigten eine Informationsveranstaltung geplant, bei der Experten Hausbesitzer zu sinnvollen Selbstschutzmaßnahmen gegen Hochwasser beraten und über geeignete Versicherungen informieren.

© SZ vom 22.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: