Amtsgericht Dachau:Verwässerte Blüten

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20-Jähriger wird wegen Geldfälschung und Drogenhandels zu einer Jugendstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt.

Von Robert Stocker, Dachau

Der junge Mann auf der Anklagebank des Dachauer Amtsgerichts macht eher einen nervösen und schüchternen Eindruck. Doch die Vorwürfe gegen den 20-Jährigen haben es durchaus in sich: Geldfälschung und unerlaubter Handel mit Marihuana und Ecstasy in nicht unerheblichen Mengen. Der junge Mann wurde im Oktober 2016 festgenommen und verbrachte einige Wochen in Untersuchungshaft, bis der Haftbefehl gegen ihn aufgehoben wurde. In dieser Zeit verlor er seine Freundin und seinen Ausbildungsplatz. In Kürze tritt er eine neue Stelle an. Richter Daniel Dorner bescheinigt ihm eine günstige Sozialprognose und verurteilt ihn zu einem Jahr Jugendstrafe, die zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Der Angeklagte muss 1200 Euro an den Verein "Die Brücke" zahlen, die er in Raten abstottern kann. "Jetzt liegt es an Ihnen, alles zu erfüllen, um eine Haft zu vermeiden", sagt der Vorsitzende des Schöffengerichts.

Der 20-Jährige räumt alle Vorwürfe ein, die die Staatsanwältin vorträgt. Demnach händigte er im Sommer des vergangenen Jahres auf einem Parkplatz in Tandern einem Bekannten hundert Gramm Marihuana aus. Der Mittelsmann sollte das Rauschgift weiterverkaufen und dem 20-Jährigen aus dem Erlös 800 Euro geben. Das Geld erhielt er nach seiner Aussage nicht. Woher er das Marihuana hatte, will er nicht sagen. Das gilt auch für die 20 gefälschten 50-Euro-Scheine, die er demselben Bekannten am Vierkirchener S-Bahnhof übergab. Laut Richter Dorner sahen die Scheine aus, als sei Wasser über sie gelaufen. Wie es dem Mittelsmann gelang, die Blüten in echtes Geld umzutauschen, bleibt unklar. Der Angeklagte erhielt davon 500 Euro. Vor einem Bauernhof neben dem Vierkirchener Rathaus verkaufte der 20-Jährige hundert Ecstasy-Pillen und fünf Gramm Marihuana. Sein Erlös: 350 Euro.

Zwei Delikte hat der junge Mann schon auf dem Kerbholz. Die Polizei stellt bei ihm einen Schlagring sicher, dann wird er beim Schwarzfahren in der S-Bahn erwischt. Die Verfahren werden aber eingestellt. Doch die Straftaten im Sommer 2016 haben Folgen: Der 20-Jährige wird festgenommen und kommt in U-Haft. Nach seiner Entlassung lässt er sich psychotherapeutisch behandeln und bewirbt sich um eine neue Ausbildungsstelle als Hotelfachmann. Heute lebt er im Haus seiner Mutter. Sie hat sich von ihrem Ehemann wegen dessen Spielsucht getrennt. Der heute 20-Jährige lebte zeitweise bei seinem Vater, der das Sparkonto seines Sohnes plünderte. Dann kehrte er zu seiner Mutter zurück, der er jetzt im Haushalt hilft. Der Vertreter der Jugendgerichtshilfe attestiert ihm eine günstige Sozialprognose. Grundsätzlich lägen keine schädlichen Neigungen vor. Strafrechtlich sei er eher als Jugendlicher und nicht als Heranwachsender zu bewerten.

Günstige Sozialprognose

Das sieht auch die Staatsanwältin so. Beim Angeklagten, der zur Tatzeit 19 und später 20 Jahre alt war, sei das Jugendstrafrecht anzuwenden. Auch sie glaubt an eine günstige Sozialprognose, weil der 20-Jährige eine Therapie aufnahm und jetzt einen neuen Arbeitsplatz hat. Die Anklagevertreterin sieht aber ein erhebliches Maß an krimineller Energie bei ihm. Angesichts der hohen Rauschgiftmengen und der Schwere der Schuld fordert sie eine Jugendstrafe von zwei Jahren, die drei Jahre lang zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Außerdem fordert sie eine Geldauflage von 1200 Euro. Verteidiger Joachim Schwarzenau hält eine Jugendstrafe von höchstens einem Jahr für ausreichend. Sie soll zur Bewährung ausgesetzt werden. Auflagen für den Angeklagten seien sinnvoll. Sein Mandant habe unter den Vernehmungen und der U-Haft gelitten, Freundin und Ausbildungsplatz verloren. Seinen alten Freundeskreis habe er aufgegeben.

Jugendrichter Daniel Dorner verurteilt den jungen Mann zu einer Jugendeinheitsstrafe von einem Jahr, die zwei Jahre lang unter Bewährung steht. Die Geldfälschung sieht er als gravierenden Tatbestand. Die Schwere der Schuld sei deshalb gegeben, ebenso wie zur Tatzeit schädliche Neigungen. Auch Dorner sieht aber eine günstige Sozialprognose. Als Auflage muss der 20-Jährige einen Wechsel seines Wohnorts mitteilen und 1200 Euro zahlen. Zudem bekommt er einen Bewährungshelfer an die Seite gestellt. "Ich schäme mich", sagt der Angeklagte im Schlusswort und nimmt das Urteil an.

© SZ vom 14.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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