Beckenbauer zum Löwen-Jubiläum:Rat des roten Kaisers

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Beinahe wäre Franz Beckenbauer nicht bei den Bayern, sondern bei Sechzig gelandet. Zu deren Vereinsjubiläum hat er einen Rat: "Der TSV soll nicht immer die besten Spieler verkaufen".

A. Becker

Eigentlich wollte Franz Beckenbauer seine Fußballkarriere beim TSV 1860 beginnen. Eine Ohrfeige bereitete diesem Wunsch jedoch ein jähes Ende und trieb ihn zum FC Bayern. "Der Kaiser", wie Beckenbauer heute genannt wird, scheint dennoch, als echter Giesinger, ein Fleckchen seines Herzens für die Sechziger reserviert zu haben. Dies ist zumindest dem Gespräch zu entnehmen, das die SZ mit ihm zum 150. Geburtstag der Löwen führte.

Es hätte auch ganz anders kommen können: Fast wäre Franz Beckenbauer ein Löwe geworden. (Foto: Foto: dpa)

SZ: Herr Beckenbauer, wie war das denn damals mit der legendären Watschn?

Beckenbauer: Na ja, als Obergiesinger fühlt man sich ganz klar dem TSV 1860 zugehörig. Fünf waren wir damals, die vom SC 1906 zum TSV wechseln wollten. Doch bei unserem letzten Spiel für den SC 1906 gegen 1860 hat mir mein Gegenspieler diese Watschn gegeben. Fragen Sie mich bitte nicht mehr nach dem Grund, das ist so lange her. Aber ich denke, wir waren uns wohl nicht recht sympathisch. Dann bin ich eben zum FC Bayern gegangen. 1958 war das, da war ich gerade einmal 13 Jahre alt.

SZ: Damals waren die Löwen die Nummer eins in der Stadt, die Bayern hingegen nur Nummer zwei. Hat Sie das nicht gestört?

Beckenbauer: Ich wollte Fußball spielen. Außerdem waren das damals ja noch keine Bundesliga-Zeiten, die wurde ja erst später, 1963, gegründet. Damals gab es nur die Oberliga. Die Bayern waren eine junge aufstrebende Mannschaft, bei der abzusehen war, dass aus ihr noch mal was wird. Und so lange hat es ja auch nicht gedauert. Aber natürlich hat man die Erfolge des TSV seinerzeit genau beobachtet.

SZ: Hat der TSV 1860 nie versucht, Sie von Bayern wieder abzuwerben?

Beckenbauer: In den sechziger Jahren war ich dann im Fußball schon ein Halbprofi. Deshalb habe ich aufgehört, bei der Allianz zu arbeiten, und habe bei einem Stoffgeschäft angefangen, ohne zu wissen, dass mein Chef eigentlich ein Mäzen des TSV 1860 war. Irgendwann fiel mir auf, dass dort alle Spieler und Funktionäre der Löwen ein- und ausgingen. Ich habe sie alle kennengelernt. Und irgendwann dämmerte mir dann schon, dass mich mein Chef angestellt hat, um mich abzuwerben. Aber so weit kam es nicht, weil der FC Bayern ja nur ein Jahr später, am Ende der Saison 1964/65, selbst in die Bundesliga aufgestiegen ist.

SZ: Wie beurteilen denn Sie die Entwicklung der Löwen?

Beckenbauer: In den sechziger Jahren hatte der Verein alle Anlagen, absolut erstklassig zu werden. Doch damals war der Fußball insgesamt ganz anders aufgestellt als heute. In der Spielzeit 1965/66 wurde der TSV zum ersten und einzigen Mal Deutscher Meister, schaffte im Jahr darauf noch den Vizemeistertitel. Doch danach ging es bergab. Da wurde immer viel gestritten und falsche Entscheidungen getroffen. Und mit Geld konnte man auch nicht richtig umgehen. Und das ist bis heute nicht besser geworden. Unter Karl-Heinz Wildmoser war der Verein dann wieder erfolgreich, schaffte es nach 13 Jahren wieder in die Erste Bundesliga - doch in der langen Zeit der Abwesenheit hat man ja eine ganze Fußball-Generation verloren. Und auch jetzt hat der Verein nicht gerade seine beste Zeit.

SZ: Der TSV 1860 kämpft mit seinen Finanzen, kann sich die Allianz-Arena nicht mehr leisten, von einem Umzug in das Olympiastadion ist die Rede...

Beckenbauer: Wenn es der TSV 1860 finanziell nicht schafft, wird man mit dem FC Bayern reden. Alles andere wäre ein Rückschritt. Der TSV soll sich nicht am Stadion reiben, sondern lieber den Mut zu Investitionen zeigen. Und nicht immer die besten Spieler weiter verkaufen. Das Wichtigste für den Verein wäre der Aufstieg, dann wäre er auch alle finanziellen Probleme los. Von einem Umzug halte ich gar nichts. Die Löwen werden noch froh sein, in der Allianz-Arena spielen zu können: Das ist das Ziel! Mut muss er halt haben, der Verein. Das wünsche ich ihm - und nichts anderes.

© SZ vom 15.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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