Aschheim:Rhinas Schicksal bewegt viele

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4280 Freiwillige nehmen an der Typisierungsaktion in Aschheim teil

Von Cathrin Schmiegel, Aschheim

Vor dem Haupteingang stehen die Leute bis zur Straße. Um 10 Uhr beginnt die große Typisierungsaktion, die die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) in dem Gebäude für die zwölf Jahre alte Rinah veranstaltet. Nach nur einer Stunde haben schon die ersten 1000 Menschen ihr Blut gespendet, um sich in die größte Datei Deutschlands als Knochenmarkspender aufnehmen zu lassen.

Die Geschichte der Schülerin aus Aschheim ging in den letzten Wochen durch ganz Deutschland, verbreitete sich über Presse, soziale Netzwerke und Mundpropaganda wie ein Lauffeuer. Vor zwei Monaten erst bekam das Mädchen die Diagnose gestellt: Blutkrebs. Bei dieser Krankheit vermehren sich entartete weiße Blutkörperchen unkontrolliert. Da ihr Blutbild ständig schlecht ist, ist Rinah mehrmals in der Woche auf Blutkonserven angewiesen. Dem Mädchen geht es schlecht: Die Familie berichtet von Halsschmerzen und Fieber. Um gesund zu werden, braucht Rinah dringend einen Knochenmarkspender. Sie selbst ist bei der Typisierungsaktion nicht dabei. "Sie muss große Menschenansammlungen meiden", sagt ihre Mutter Patricia S. Die Frau steht inmitten der großen Halle, immer wieder klopfen ihr Menschen auf die Schulter, wünschen der Familie Glück. "Es ist unglaublich surreal, dass so viele da sind", sagt die Frau und lächelt.

Im Eingangsbereich hängen Bilder aus. Ein paar Künstler verkaufen ihre Werke gegen Spenden von je 40 Euro. Auch Anja Fachmann hat ihre Herz-Bilder aus Acryl ausgestellt. "Eigentlich verkaufe ich meine Bilder für 300 Euro", sagt sie. Rinahs Familie kennt sie persönlich. "Unsere Kinder gingen gemeinsam zum Ballett-Unterricht", sagt sie. Dann ist sie weg, will sich selbst typisieren lassen.

"Die persönliche Anteilnahme ist hier gigantisch", sagt Isabella Bruhn. "Ich habe heute schon oft Menschen gesehen, die mit den Tränen gekämpft haben." Bruhn selbst kennt Rinah gut. Sie ist eine der beiden Patentanten des Mädchens. Die andere ist Martina Henselmann. An einem Tisch, der die Nummer B33 trägt, sitzt ihr Ehemann. Peter Henselmann ist Kinderarzt, er hat das medizinische Personal für die Aktion zusammengetrommelt. 50 von ihnen sind jeweils zur gleichen Zeit beschäftigt. Das Prozedere selbst dauert nur drei bis vier Minuten, eine kurze Erholungszeit eingerechnet. "Jeder medizinische Helfer schafft so circa 15 bis 20 Menschen in der Stunde", sagt Henselmann. Es ist ein ordentliches Ergebnis: 750 bis 1000 Menschen könnten die Helfer so im 60-Minuten-Takt Blut entnehmen. Um 15 Uhr schließlich hat der Letzte sein Blut gespendet. 4280 sind es an diesem Tag insgesamt gewesen. Yvonne Renz von der DKMS ist zufrieden, trotzdem weiß sie: "Es ist sehr unwahrscheinlich, hier einen Knochenmarkspender für Rinah zu finden." Bei der Registrierung an diesem Tag gehe es vielmehr darum, die Zahl der potenziellen Knochenmarkspender in der Datei zu erhöhen. 5,5 Millionen sind schon gelistet. Auch online kann man sich auf www.dkms.de registrieren lassen. Die DKMS verschickt auf Anfrage Wattestäbchen, mit denen sich jeder Speichelproben entnehmen und als Stammzellenspender in die Datei aufnehmen lassen kann. Rund 200 Menschen haben das in den letzten Wochen im engen Umkreis von Aschheim gemacht. Die Geschichte der zwöljährigen Rinah dürfte einen großen Teil dazu beigetragen haben.

© SZ vom 27.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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