Aschheim:Amerikanisches Flair

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Der Ton zum Film kommt über das Autoradio. Den automatischen Staumelder sollte man vor Filmbeginn ausschalten. (Foto: Florian Peljak)

Zwischen Dornach und Aschheim liegt das einzige Autokino Bayerns

Von Irmengard Gnau, Aschheim

Spricht man Mitmenschen aus dem Landkreis mit einem Geburtsjahr jenseits der 1980er auf das Autokino an, bekommt mancher einen verträumten Blick. Erinnerungen erwachen an Zeiten, als man mit dem ausgeliehenen Cabrio des Cousins die Flamme ausführte oder die Batterie des ersten eigenen Ford Fiesta nach einer langen Filmvorführung erst mit Starthilfe wieder zum Laufen gebracht werden konnte. Nostalgie ist sicherlich eines der Argumente, warum Kinofreunde auch heute noch das Autokino besuchen. Seit 1968 werden auf der Asphaltfläche zwischen Aschheim und Dornach, die auch für den samstäglichen Gebrauchtwagen-Markt bekannt ist, Filme auf Großleinwand gezeigt. Es ist eines der wenigen Autokinos deutschlandweit und das einzige seiner Art in Bayern.

Menschen allen Alters sitzen in den Wägen, die nach und nach durch die Schranke auf die Parkplätze vor den beiden Leinwänden rollen. Bis zu 1100 Autos finden in den Reihen Platz, eine Reservierung ist kaum nötig. Auch im Dezember lässt der Charme des Ortes offenkundig nicht nach. Die Reihen sind gut gefüllt, gegen die Kälte hilft eine kuschelige Decke oder ein Heizstrahler, der an der Snackbar - im US-Stil mit roten Ledersesseln, Hamburgern und Popcorn - ausgeliehen werden kann.

Viele Pärchen sind unter den Besuchern, aber auch Freundesgruppen, die mit dem Achtsitzer angereist sind, im Kofferraum die persönliche Auswahl an Chips und Getränken. Im Autokino darf nach Belieben mit Tüten geraschelt werden, auch rauchen und das Kommentieren des Films muss nur mit dem Geschmack der Mitinsassen in Einklang gebracht werden. Diese Freiheiten sind nicht nur für Freunde des Textmitsprechens praktisch, auch Tierliebhaber oder Eltern mit kleinen Kindern wissen die Besonderheit des Kinos zu schätzen: Während die Kleinen auf der Rückbank im Kindersitz schlafen, können die Eltern den Film genießen. Frauchen und Herrchen sparen das Geld für einen Dogsitter und nehmen den Hund einfach mit.

Wenn die ersten Szenen über die 36 mal 15 Meter große Leinwand 1 flimmern, verlöschen die Rücklichter. Rasch huschen die letzten Zuschauer aus der Snackbar auf den Beifahrersitz ihres Wagens. Der Autokinoprofi hat zuvor noch mit einer Rolle Küchenpapier seine Windschutzscheibe von Mückenresten befreit, so dass kein Schmutz den Filmgenuss stört. Die Rückenlehnen sind zurückgestellt, der Heizstrahler surrt leise im Fußraum - der Film kann beginnen.

Wie das ganze Flair des Autokinos so ist auch die Filmauswahl US-amerikanisch geprägt. Hauptsächlich Blockbuster stehen auf dem Programm. Der Ton kommt aus dem Radio. Über die entsprechende UKW-Frequenz, vermerkt auf der Eintrittskarte, werden die Stimmen von James Bond und Han Solo ins Auto übertragen. Der offene Himmel hinter der Leinwand kann als dekoratives Element zum Film beitragen, etwa wenn Sterne den Flug der Star-Wars-Helden beleuchten. Bei plötzlichem Regen ist das Vorstellungsvermögen des Publikums gefragt - im All kommt ein Kometenschauer schließlich auch mal vor.

© SZ vom 02.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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