Anliegen der Bürger:Jede Menge Begehrlichkeiten

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Neue Idee für den Candidplatz: Die Harlachinger schlagen vor, auf der Parkfläche nach dem Vorbild am Dantebad einen Stelzenbau zu errichten. (Foto: Florian Peljak)

In Untergiesing-Harlaching beschäftigt die Menschen die Situation der Kinderbetreuung und Schulen, wie sich bei der Bürgerversammlung zeigt. Auch die Farbe der Bänke am Hans-Mielich-Platz ist den Besuchern wichtig

Von Julian Raff, Harlaching

Der hohe Altersdurchschnitt im Stadtbezirk Harlaching-Untergiesing war ziemlich deutlich zu bemerken, bei der mit 250 Besuchern eher mäßig besuchten Bürgerversammlung. Das hinderte die kommunalpolitisch interessierten Untergiesinger und Harlachinger aber nicht daran, intensiv über Standorte für Unterricht und Kinderbetreuung nachzudenken und darüber zu reden.

Das aktuelle Schwerpunktthema drängte die üblichen Dauerbrenner, etwa Beschwerden über Raser, an den Rand. Vielleicht aber auch nur deshalb, weil der Verkehr auf den Hauptachsen meist eh nur noch zäh fließt, wie autofahrende Stadtteilbewohner beklagten. Das größte Überlastungsproblem im Bezirk hat zweifellos die Grundschule an der Rotbuchenstraße mit ihren mittlerweile 27 Klassen. Bernhard Schuder, Liegenschaftsverwalter im städtischen Referat für Bildung und Sport (RBS), konnte dabei die Hoffnungen der Harlachinger auf eine Zweigschule an der Harthauser Straße 48 bestärken: Mit der Wiedereröffnung des Gärtnerplatztheaters wird das staatliche Grundstück nun nicht mehr für Proben und als Depot für den Fundus benötigt.

Zwar hat der Freistaat vor zwei Monaten bei der Stadt Eigenbedarf angemeldet, allerdings stünden Kommunalreferat und Staatsregierung weiter in Verhandlungen, eventuell auch über einen Grundstückstausch. Das RBS prüft derzeit die Machbarkeit einer dreizügigen Schule, plus Doppelturnhalle. Notfalls täte es aber die zweizügige Lösung samt Einfachhalle, sagte Schuder. Mit dem Harlachinger Klinik-Areal brachte Bettina Ullrichs, eine der Harlachinger Eltern-Aktiven, unterdessen einen neuen Standortvorschlag zur Abstimmung - die Versammlung stimmt einstimmig zu. Ob der Campus im Zuge der anstehenden Umbauten hierfür Platz bietet, bleibt offen. Zumal sich die Versammlung hier auch einstimmig ein integriertes medizinisches Versorgungszentrum für Senioren wünscht.

Nimmt man das einstimmige Bürgervotum für eine Realschule hinzu, stapeln sich im einst vorstädtischen Bezirk die Begehrlichkeiten auf knapper Fläche. Nach Vorbildern am Dantebad oder an der Unterföhringer Apianstraße, schlug Christiane Tesic einen Stelzenbau über den Parkplätzen am Candidplatz vor und erntete große Zustimmung. Bis zum großen Wurf halten die maroden Container des hiesigen Sankt-Franziskus-Kindergartens auf keinen Fall durch. Laut RBS-Mitarbeiter Schuder ist daher ein neuer Pavillon im Bauprogramm 2018 vorgesehen.

Ein erneuertes Provisorium erhält demnächst auch die auf einer Wiese westlich der Rotbuchenschule untergebrachte städtische Kita. Unterdessen werden die benachbarten Container am Hollerbusch nach langem, scharf kritisiertem Leerstand nun von Familien bezogen. In der Wilhelm-Kuhnert-Straße steht für 2018 ebenfalls die Entscheidung zwischen günstigen Wohnungen und Kita an. Um den Anwohnerwunsch nach einer Betreuungseinrichtung zu erfüllen, könnte die Stadt eventuell doch ihren Freiflächen-Schlüssel von zehn auf fünf Quadratmeter pro Kind reduzieren, so ein Mitarbeiter. Weniger Probleme als befürchtet bereitet den Anwohnern offenbar die neue Sechziger-Seligkeit im Grünwalder Stadion. Entnervt zeigten sich Nachbarn hier bislang eher von Anfahrtsverkehr und Parkdruck als von feiernden Fans.

Unruhe in eine halbwegs entspannte Lage brachte dagegen Yvonne Unger, Mieterin der Heimag-Siedlung an der Säbener Straße (jetzt Gewofag). Ohne Absprache und gegen den Kurs der dortigen Mietergemeinschaft, schnürte sie in fünf Minuten Redezeit ein Paket aus 21 Anträgen, inklusive schwer wiegender Vorwürfe an Wohnungsbaugesellschaften und Stadtspitze, bis hin zur Rücktrittsforderung an OB Dieter Reiter (SPD). Diesen Punkt, wie etwa auch die "Prüfung unregelmäßiger Geldflüsse", brachte Versammlungsleiterin Evelyne Menges (CSU) wegen rechtlicher Bedenken nicht zur Abstimmung. Nachvollziehbare Forderungen, wie die nach Schimmelbeseitigung in betroffenen Wohnungen, unterstützte die Versammlung jeweils mit großer Mehrheit.

Auf ungeteilten Rückhalt und Verständnis konnte schließlich Löwenfan Frank Hochhäusler bauen. Einstimmig folgte die Versammlung seinem Antrag, die derzeit holzbraunen Sitzbänke am Hans-Mielich-Platz wieder blau zu lackieren, quasi im Farbton der neuen, alten Zeit. Vor gut fünf Jahren hatten die (versehentlich) rot lackierten Bänke mehrmals über Nacht die Farbe gewechselt - wie auch die Gesichter der, je nach Gemüt und fußballerischer Weltsicht, amüsierten bis erzürnten Giesinger. Das Blau, so Hochhäuslers erfolgreiches Bonusargument, werde auch hervorragend zum Untergiesinger Maibaum passen, der demnächst wieder aufgestellt werden soll.

© SZ vom 18.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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