Angebot mit Symbolkraft:Moscheen als Notlager

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  • Sie haben Spenden gesammelt und an Flüchtlinge verteilt, Babywindeln, Wasser, türkisches Gebäck: Jetzt wollen die Münchner Muslime noch mehr Verantwortung übernehmen.
  • Etwa 20 muslimische Moscheegemeinden haben angeboten, jeweils 50 bis 100 Flüchtlingen eine Unterkunft für zunächst zwei Nächte zu bieten.

Von Katja Riedel, München

Es ist ein Angebot, das große Symbolkraft hätte: Etwa 20 muslimische Moscheegemeinden in München haben angeboten, jeweils 50 bis 100 Flüchtlingen eine Unterkunft für zunächst zwei Nächte zu bieten. Der Vorsitzende des Münchner Forums für Islam, der Penzberger Imam Benjamin Idriz, hat dieses Angebot am Sonntag der Regierung für Oberbayern gemacht, um diese zu entlasten.

Doch zunächst wird aus der symbolkräftigen Hilfe nichts. Die Vizepräsidentin der Regierung, Maria Els, dankte Idriz am Sonntagmittag in einem Telefonat, dies sei eine großartige, ja großzügige Geste der Münchner Muslime. "Die Plätze haben aber selbst heute Nacht in den Notunterkünften ausgereicht", sagte Sprecherin Simone Hilgers. Die Regierung bleibe gleichwohl in engem Kontakt mit Idriz. "Wir stehen mental weiter bereit", sagte er, "wir könnten innerhalb von zwei Stunden unsere Moscheen räumen."

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"Am Ende des Tages wundern sich immer wieder alle, dass es geklappt hat": Zwei Wochen lang haben vor allem Freiwillige die ankommenden Flüchtlinge versorgt, jetzt sollen Hauptamtliche übernehmen.

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Noch mehr Verantwortung übernehmen

Seit zwei Wochen pflegt Idriz mit anderen Imamen aus München und weiteren Muslimen engen Kontakt, sie haben sich als "Helferkreis Münchner Muslime" zusammengeschlossen und bisher etwa 100 Mitglieder. Per Whatsapp und Facebook halten sie einander auf dem Laufenden. Sie haben auch Spenden gesammelt und an Flüchtlinge verteilt, Babywindeln, Wasser, türkisches Gebäck. Jetzt wollen sie noch mehr Verantwortung übernehmen.

Noch in der Nacht zum Sonntag fuhr Idriz deshalb selbst an den Münchner Hauptbahnhof, um sich ein Bild von der dortigen Lage zu verschaffen und das Quartiersangebot persönlich zu unterbreiten. Die Regierung prüfte, ob sie die möglichen Schlafplätze in den Moscheen in ihr logistisches Notsystem einbauen könne. Für die Regierung ist dies ein schwieriges Unterfangen, sie muss flexibel bleiben und sucht händeringend nach immer neuen Notquartieren, darf sich aber auch nicht verzetteln.

Große Massen lassen sich an einem Ort besser versorgen

Der Nachteil an den Moschee-Schlafplätzen wäre, dass sie über die ganze Stadt verteilt sind, die großen Massen sich aber leichter versorgen lassen, wenn möglichst große Gruppen an einem Ort ihr Notquartier aufsuchen. Die Regierung von Oberbayern hofft außerdem, dass sie schon bald weniger als die bisher eingerichteten 7000 Betten in München benötigen wird: "Wir hoffen, dass die bundesweite Verteilung nach dem Königsteiner Schlüssel nun auch durch Sonderzüge umgesetzt werden kann", sagte Hilgers. "Sollten sich jedoch neue Engpässe auftun, können wir das Angebot der Münchner Moscheen sofort wieder aktivieren."

Auch Idriz und seine Mitstreiter halten sich weiterhin bereit, binnen kürzester Zeit Matratzen und Bettdecken zu sammeln und die Flüchtlinge dann auch selbst mit Essen zu versorgen. Benjamin Idriz ist dies ein tiefes Anliegen. Weitere Ideen, wie die Münchner Muslime sich in der aktuellen Flüchtlingskrise engagieren können, wollen sie am Mittwoch der Öffentlichkeit vorstellen.

© SZ vom 14.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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