Amtsgericht:Frau bringt Rentnerinnen um 35 000 Euro - über zwei Jahre Haft

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  • Eine selbsternannte Wunderheilerin versprach zwei Rentnerinnen Hilfe durch Geldkissen -am Ende fehlte sowohl das Wunder als auch das Geld.
  • Das Münchner Amtsgericht hat sie nun zu zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt.
  • Die Komplizin und die Beute sind allerdings weiter verschwunden.

Von Thomas Schmidt, München

Die beiden Rentnerinnen müssen Grauenhaftes befürchtet haben. Sie seien verflucht, großes Unheil drohe ihnen, prophezeite Sviatlana B. Sie könne sehen, dass ein dunkler Schatten auf ihnen laste. Nur ein spezielles "Heilungsritual" könne den Schaden noch abwenden. Doch Sviatlana B. war nicht die Rettung der alten Frauen, sie ist eine Betrügerin, die den Rentnerinnen ihre gesamten Ersparnisse in Höhe von 35 000 Euro stahl. So sieht es das Münchner Amtsgericht, das die selbsternannte Wunderheilerin nun zu zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt hat.

Der Fall, über den das Gericht erst jetzt ein Urteil sprechen konnte, liegt bereits lange zurück: Ende August 2014 sprachen Sviatlana B. und eine noch unbekannte Komplizin erst die 75-jährige Rosalia B. und einen Tag später Maria V., 76, an einer Straße in München an, berichtet die Staatsanwaltschaft. Scheinbar zufällig verwickelten die Betrügerinnen die Frauen in ein Gespräch und flößten ihnen furchtbare Angst ein. Sviatlana B. gelang es, den Eindruck zu erwecken, als wüsste sie über viele Einzelheiten aus dem Leben ihrer Opfer Bescheid. Sie führte das Gespräch offenbar derart geschickt, dass die Rentnerinnen Vertrauen in die unbekannte Frau fassten und sich auf das angebliche Heilungsritual einließen.

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Sviatlana B. wies ihre Opfer laut Staatsanwaltschaft an, zunächst ihr gesamtes Vermögen, Bargeld und Wertgegenstände herbeizuholen. Eine der Rentnerinnen soll dafür sogar zweimal zur Bank gegangen sein, um Tausende Euro von ihrem Konto abzuheben. Anschließend sollten sie alles in ein Handtuch packen und es wie einen Sack verschnüren. Mit diesem Handtuch strich die Betrügerin den Rentnerinnen dann mehrfach über den Rücken, was angeblich zu dem okkulten Ritual gehörte. Als Sviatlana B. damit fertig war, sagte sie zu den Rentnerinnen, das prall gefüllte Handtuch sei nun ein "Entfluchungs-Set". Zwei Wochen lang sollten sie es als Kopfkissen benutzen und darauf schlafen, erst danach dürften sie es wieder aufwickeln, das Geld zurück zur Bank bringen - und der Fluch sei fort.

Als die angebliche Heilerin und ihre Komplizin verschwunden waren, befielen die Frauen jedoch Zweifel. Sie öffneten das "Entfluchungs-Set" und fanden statt Geld und Schmuck nur noch Steine, Korken und altes Zeitungspapier. Sie erstatteten Anzeige bei der Polizei. Weil Sviatlana B. bereits wegen ähnlicher Taten aufgefallen war, konnten die Ermittler den Opfern ein Foto von ihr zeigen. Die Rentnerinnen erkannten sie wieder, ein nationaler und europäischer Haftbefehl wurden erlassen.

Mehr als zwei Jahre lang fahndete die Polizei nach Sviatlana B., bis sie schließlich im Sommer 2017 in Niedersachsen festgenommen wurde. Bei der Verhandlung vor dem Münchner Amtsgericht räumte ihr Verteidiger die Tat zwar ein, eine Entschuldigung für das angerichtete Leid aber hörten die Opfer nicht. Auch das Amtsgericht Chemnitz verurteilte Sviatlana B. wegen eines anderen Falls, bei dem sie ihrem Opfer 120 000 Euro gestohlen hatte. Von ihrer Komplizin und dem Geld fehlt bis heute jede Spur.

© SZ vom 16.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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