Altstadt:Von Mensch zu Mensch

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Alles nur Theater: Für das Jubiläumsfest werden noch Sketche geprobt. (Foto: Robert Haas)

Die Seniorenbörse feiert am Donnerstag ihr 20-jähriges Bestehen mit einem großen Fest im Pfarrsaal von Mariahilf

Von Renate Winkler-Schlang, Altstadt

Eine nicht mehr ganz junge Dame kommt an den Infotisch, sie möchte Geld anlegen: "Hier ist doch die Seniorenbörse?" Doch die freundliche Mitarbeiterin klärt auf - Seniorenbörse, das ist kein Umschlagplatz für materielle Werte, sondern für ideelle. Senioren setzen sich hier für andere Senioren ein, bieten ihnen Kurse an, Arbeitskreise, Unternehmungen, Ausflüge. Gedächtnistraining zum Beispiel? Die Dame dankt, Gedächtnisübungen absolviere sie am Laptop. Laptop - gutes Stichwort. Auch für dessen Bedienung gibt es einen Kurs. Der Kreis der Teilnehmer schaut mit großen Augen den Dozenten an. Notebook, welche Not lindere das denn? Warten auf den Desktop, sind wir denn noch nicht vollzählig? Suchmaschine, findet die meinen Schlüssel? Reinschreiben, um auszudrucken? - warum schreiben wir nicht gleich auf Papier?

Das ist natürlich alles Theater. Die Sketche rund um das Angebot der Seniorenbörse hat sich die hauseigene Theatergruppe um Karin Wolfrum, Marianne Terplan und Manfred Patzke ausgedacht. Der Anlass ist ein runder Geburtstag: Die Seniorenbörse feiert am Donnerstag, 15. Oktober, von 17 Uhr an ihr 20-jähriges Bestehen mit einem großen Fest im Pfarrsaal von Mariahilf. Da muss den Gästen wie Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) und der damaligen Initiatorin Hildegard Kronawitter natürlich einiges geboten werden.

Auch die beiden ersten Zuschussgeber hat die Leiterin Kirsten Salzer-Wilkie eingeladen: den damaligen Ministerialrat Manfred Loibl vom Sozialministerium, das die Börse als Pilotprojekt förderte, und Helmut Braun von der Abteilung Altenhilfe im Sozialreferat der Stadt, die seither die Einrichtung finanziert - vor allem die Räume an der Rumfordstraße 25 und die Halbtagsstelle der Leitungskraft. 19 Jahre lang war dies Ulla Ort, vor einem Jahr wurde sie von Kirsten Salzer-Wilkie abgelöst. Viel mehr an Geld muss es auch nicht sein, denn Mitwirken in der Seniorenbörse ist ein Ehrenamt. Gemäß dem Motto: Senioren für Senioren.

Gegründet wurde die Seniorenbörse in einer Zeit der Frühverrentungen, daher wendet sie sich an die Zielgruppe "ab 55". Heute arbeiten viele wieder länger, weshalb die Altersspanne der Gäste zwischen 60 und 93 liegt. Und sie alle sind frischer im Kopf, als es die Sketche vermuten lassen. Dennoch sollen die nicht nur zum Lachen dienen, sondern Mut machen: Hier darf jeder kommen, kann jeder alles fragen, alles lernen. "Wir sind kein Akademikerclub", sagt die Leiterin, auch wenn manches sehr anspruchsvoll klingt - zum Beispiel die Vorträge über Wirtschaftsfragen oder die Sprachkurse. Am Spanischkurs nimmt zum Beispiel jener Ministerialrat von damals teil. Und es gibt ja auch viele ältere Menschen mit einem anspruchsvollen Hobby, mit Kenntnissen aus dem Beruf.

Angesprochen werden alle Bedürfnisse. Einmal im Monat etwa werden Musikpartner vermittelt; die hauseigene Gruppe, die daraus entstanden ist, spielt inzwischen regelmäßig in einigen Altenheimen, aber auch beim Jubiläumsfest. Es gibt gemeinsame S-Bahn-Wanderungen, andere tun sich für Städtereisen zusammen. Sehr beliebt ist auch die Reihe "Leben in München", das nächste Mal trifft man sich in einer Haus-Brauerei. Und dann sind da die kleinen netten Flohmärkte mit dem selbstironischen Titel "Alte verkaufen Altes". Auch wer nichts braucht, kommt gern, denn es liegt immer Waffelduft in der Luft, alle begrüßen sich freundlich. Kein Wunder also, wenn alle voll des Lobes sind von dieser vom Verein für Fraueninteressen getragenen Einrichtung - in der auch die Männer nicht nur beim Männerkochkurs ihr Vergnügen haben.

Ihr zweites Wohnzimmer sei das hier, freut sich eine Dame. Sie habe sich einbringen wollen, sagt etwa Marlis Hundius, eine der Schauspielerinnen, die auch schon über ihre frühere Heimat Argentinien referiert hat oder am Wirtschaftskreis teilnimmt: "Wenn man sich wohlfühlt, will man beitragen. Was man gibt, kommt als Freude zu einem zurück."

Kirsten Salzer-Wilkie ist stolz auf die aktiven Besucher, viel ändern müsse sie nicht. Das Angebot funktioniere ebenso wie der andere Zweig, die Hilfe von Mensch zu Mensch, im Garten, beim Einkaufen. Als neues Ziel sieht sie nur die bessere Integration von ausländischen Senioren, die es auch unter Flüchtlingen gibt. Bleibt als Fazit nur das Motto des Fachvortrages vom Jubiläumstag: "Je älter, desto besser."

© SZ vom 14.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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