Altstadt:Münchens verlorene Gewässer

Die Altstadt war bis Ende des 19. Jahrhunderts durchzogen von Bächen und Kanälen, was ihr auch den Beinamen "Klein-Venedig" einbrachte.

Von Thomas Anlauf

4 Bilder

Eisbach im Wohnviertel "Lehel" in München, 2011

Quelle: SZ

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Selbst die meisten Münchner kennen den Eisbach nur ab der Prinzregentenstraße, wo er sich zur berühmten Surferwelle aufstaut. Doch er ist ein Zusammenfluss aus Stadtsägmühlbach und Stadtmühlbach, in den wiederum der Verbindungskanal vom Westlichen Stadtgrabenbach mündet. Auf eine kurze Distanz sind die Bäche sogar noch sichtbar - etwa auf Höhe der Unsöldstraße im Lehel. Im Keller des St.-Anna-Gymnasiums rauscht ebenfalls der Bach und betreibt dort sogar ein Wasserrad samt Generator. Wegen der zahlreichen Bäche, die es im Lehel einst gab, arbeiteten hier viele Wäscher.

Surfer an der Floßlände in München, 2016

Quelle: Robert Haas

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Die Floßlände im Münchner Süden war früher ausschließlich den Flößern vorbehalten, die aus dem Oberland nach München trieben. Im Jahr 1972 entdeckten jedoch Wellenreiter den Kanal für sich - das Flusssurfen wurde der Legende nach tatsächlich dort erfunden. Vor einigen Jahren, als die Welle nahezu verschwunden war, entwickelten Münchner Surfer und Ingenieure einen speziellen Einbau, der mithilfe des Baureferats die Welle wieder surfbar machte. Nicht nur Surfer und Flößer nutzen übrigens den Kanal intensiv: Das abgezweigte Isarwasser erzeugt auch Strom an den Isarwerken 2 und 3.

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Quelle: Hans Grässel

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Die Münchner Altstadt war bis Ende des 19. Jahrhunderts durchzogen von Bächen und Kanälen, was ihr auch den Beinamen "Klein-Venedig" einbrachte. Der Pfisterbach etwa floss durch die heutige Sparkassenstraße in Richtung Norden und wurde erst Anfang des 20. Jahrhunderts überbaut. Mit dem Bau des U-Bahn-Netzes in den Sechzigerjahren verschwanden die meisten der Stadtbäche endgültig. Übrig blieben Namen, nach denen Stadtviertel benannt sind: das Glockenbachviertel und das Dreimühlenviertel sowie Straßen, die an die Wassernutzung erinnern, etwa die Müllerstraße.

Gentrifizierung in München, 2016

Quelle: Alessandra Schellnegger

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Heutzutage lässt sich in München mit einem Kanal gut werben. Die Baywobau etwa hat für das Wohnquartier "Rodenstock Garten" im Dreimühlenviertel eigens den unterirdisch verlaufenen Westermühlbach über Rohre auf ein 13 000 Quadratmeter großes Grundstück geleitet und den Anwohnern "Wohnen am Bach" ermöglicht. Im Lehel stieß die Idee, einen unterirdischen Stadtbach an die Oberfläche zu holen, hingegen auf Widerstand: das Rauschen sei zu laut, meinten Anwohner. Im Kegelhof am Auer Mühlbach wurden deshalb vorsorglich Schallschutzfenster eingebaut.

© SZ.de/eca
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