Altstadt:Moderne Zeiten im alten Kern

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Früher verstanden es Baumeister, fürs Gemüt zu planen. Das spüren auch die Touristen auf dem Dach des Luxus-Hotels Mandarin Oriental

Fotos: ALLESSANDRA SCHELLNEGGer, TEXT: RENATE WINKLER-SCHLANG, Altstadt

"Amazing", so finden Gäste aus den USA vieles in München. Wenn sie auf dem "rooftop", der 31 Meter hohen Dachterrasse des Luxus-Hotels Mandarin Oriental an der Neuturmstraße 1 blicken, ziehen sie das mittlere "a" ganz entzückt in die Länge, erzählt Christian Schmidt, der junge Barchef: "Amaaazing!"

Das Dach ist die fünfte Seite der Fassade: Hier oben versteht man diese Mahnung der Lokalpolitiker, die sie Investoren oftmals bei der Beurteilung von Neubauvorhaben mitgeben. Dass alte Dächer so schön sein können! Die meisten roten Bieberschwänze wirken, als stammten sie noch aus der Zeit, als Münchner Bauten mit Gebranntem aus den Ziegeleien in Berg am Laim und Bogenhausen errichtet wurden. Gauben in genau der richtigen Proportion gliedern die großen Flächen, reich geschmückte Giebel spitzen hervor. Alte Baumeister verstanden es, fürs Gemüt zu planen. Das spüren auch die Touristen. Gleich gen Osten jedoch eine hässliche Betonwüste: Das Parkhaus an der Hildegardstraße ist auch aus der Luft kein schöner Anblick. Es soll aber 2018 für einen Neubau mit Hotel und Spa weichen. Von den modernen Zeiten in Münchens altem Kern künden auch die Bündel von Mobilfunkantennen und so mancher Baukran, etwa vor der Oper. Wer hier beim hippen Yuzuke-Cocktail (japanische Pomeranzenart) sitzt, schaut darüber weg, zählt lieber die spitzen und die bauchigen Türme der Stadt, entdeckt ganz neue Zusammenhänge. Vom Hofbräuhaus, dessen Biergarten-Gästen man von hier auf den Schweinebraten schauen kann, wehen manchmal Blasmusikklänge herauf. Findet ein Gast auf den dreisprachigen Hinweistafeln in deutsch, englisch und chinesisch ein Gebäude nicht, gibt das Personal Auskunft.

Eigentlich hätte man auf dieser Terrasse Rundumblick, doch im Norden steht eine Freiluft-Küche für einen Imbiss. Man muss keine Fünf-Sterne-Suite gebucht haben, um dieses Dach zu erklimmen. Prinzipiell ist die Terrasse mit ihren 65 Plätzen auf 155 Quadratmetern - im Gegensatz zum kleinen Pool dort oben - für jeden offen, an schönen Tagen von Mai bis nach der Wiesn von 16 bis 22 Uhr. Reservierung ist angeraten (Telefon 2 90 98 18 96), denn hier herauf sind es deutlich weniger Stufen als auf den Alten Peter: Nur 41 vom Aufzug, der im sechsten Stock endet. So bekommt der Terrassen-Gast auf der Marmortreppe und den mit dicken Teppichen belegten Fluren noch einen Hauch von Luxus mit. Er muss aber nicht steinreich sein, um diesen Blick zu genießen: Zwar kann man Hunderte ausgeben für Schampus in großen Flaschen - aber den kleinen Espresso gibt es schon für 5.50 Euro.

© SZ vom 21.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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