Mistura Tropicana:Copacabana im Münchner Osten

Lesezeit: 3 min

Ein bayerisch-brasilianisches Paar führt das "Mistura Tropicana" in Riem - eine Mischung, die auch die Speisekarte bestimmt. Nicht jedes Gericht gelingt. Doch bleibt man bei den brasilianischen Angeboten, erlebt man wahre Gaumenfreuden.

Ivan Lende

Ein seltsamer Laden ist das. Idylle pur und rostige Sommerliegen. Romantisches Licht und Plastiktische ohne Decken. Freundlichste Bedienung und absolutes Service-Chaos. Feinste Vorspeisen und Spareribs jenseits der Grenze zur Ungenießbarkeit. Und dann noch bayerischer Zwiebelrostbraten und brasilianische Steaks. Eine Kombination, der auch das Wirtsehepaar entspricht, nicht Braten und Steak, sondern Bayern gegen oder mit Brasilien.

Gemischte Gefühle: Das Essen im Mistura Tropicana birgt Überraschungen. (Foto: Stephan Rumpf)

Keine ganz ungewöhnliche Annäherung, hat doch gerade eine hochrangige bayerische Polit-und Wirtschaftsdelegation des Freistaats Rio einen Besuch abgestattet. Der Wirt des Restaurants Mistura Tropicana ist ein Bayer, die Gattin stammt vom Land mit der Copacabana. So etwas könnte spannend werden wie manch andere bayerisch-fremdländische Kombination in der Stadt auch, man denke nur ans No Mi Ya in Haidhausen.

Spannend wurde es dann auch, nachdem Autor Lende und seine Freunde der Tipp eines Menschen, der "eigentlich kein Beilagenesser" ist, in das Steakhaus am Rande der Stadt geführt hatte. Allerdings wurde das Mahl nicht immer so wie erhofft.

Am Rande der Stadt ist etwas ungenau. Das Haus liegt eingebettet von Daglfings und Riems Pferdesportanlagen, ein Weiler im Millionendorf München, grün, ruhig (bis auf das Bimmeln der Schranken am nahen Bahnübergang), fernab jeglichen Straßenverkehrs. Parkmöglichkeiten weit über die Kapazitätsgrenze des Gasthauses hinaus, solange nicht in der Nachbarschaft getrabt oder galoppiert wird. Weit ab vom Schuss also, und doch, Wunder über Wunder, meist so gut gefüllt, dass eine Reservierung auf jeden Fall empfehlenswert ist.

Es gibt, die Lampen des Wirtsgartens verraten es, Erhartinger Bier, ein süffiges Helles aus einer kleinen Brauerei nordöstlich von Mühldorf. Es gibt, Lende und die seinen ließen sich von der freundlichen Bedienung überzeugen, eine Art Aperitif, irgendwas mit Himbeeren, genannt Tagesspezial. Muss nicht sein. Taugt bestenfalls zum Blumengießen.

Preiswürdige Vorspeisen: unverzichtbar

Es gibt, auch davon ließ man sich überzeugen, gemischte Vorspeisen, brasilianische, versteht sich. Muss sein, unbedingt! Wird inklusive Knoblauchbaguette bis zum letzten Krümelchen verdrückt. Die "Camarao ao Alho", vulgo Scampi, in chilischarfem, knoblauchgetränktem Öl gebraten, knusprig, frisch, Gaumenwecker! Die Bratwurststückchen erinnern an beste sizilianische Salsicce, auch wenn kein Fenchel drin ist. Der gegrillte Käse dagegen war eher langweilig, schmeckte wie Halumi. War vielleicht einer. Dagegen die Spitzen vom Rindsfilet: Goldmedaille, auch wenn Olympia vorbei ist.

Bei den Hauptspeisen dann die Qual der Wahl. Brasilianisch oder nicht, sprich: Steak oder irgendwas zwischen Zwiebelrostbraten und Schnitzel. Natürlich, Brasilien, Land des Fleisches. Dummerweise rechnete Lende auch BBQ zu Brasiliens Spezialitäten, vergessend, dass es sich dabei um Schwein handelt, nicht um Rindviecher aus der Pampa. Und diese Spareribs, auf der Karte als Spezialität gepriesen, schmeckten in einem Maße fürchterlich, dass man sie am liebsten dem Koch (und dem Einkäufer) in den Rachen gestopft hätte. Die Sau ist wohl in hohem Alter verdurstet!

Die Nachbarn dagegen labten sich an Steaks (18 Varianten, von Knoblauch bis Whisky-flambiert, für jeweils 8 Euro), zart, genau auf den bestellten Punkt gebraten, dazu als Extras Pommes (vorzüglich), Maiskolben (langweilig), Reis (Reis halt), Ofenkartoffeln (essbar). Man hat sich sagen lassen, auch Rodizio sei so richtig typisch brasilianisch. Natürlich gibt's das hier, aber nicht so wie in Rio oder São Paulo, wo sie das Fleisch von riesigen Spießen auf den Teller schnibbeln, sondern hier wird es in der Küche angerichtet. Das würde ja gar nicht weiter stören, wäre das Fleisch von Huhn, Rind und Schwein nicht so trocken.

An der falschen Stelle gespart

Dem könnte man ja mit einem Getränk abhelfen. Aber da hat Lende beim zweiten Besuch wohl einen schlechten Tag erwischt. Dass die Bedienung ein Bier vergisst, kann ja mal vorkommen. Nach dem dritten Bestellversuch für diverse Getränke innerhalb einer gefühlten Stunde wurde aus Ärger fast Mitleid, als der Entschuldigung ein verzweifelter Seufzer folgte: "Es gibt Tage, da fällt einem das Lächeln schwer." Nur zwei Bedienungen in Service und Ausschank bei vollem Laden - da spart der Wirt an der falschen Stelle.

Bleibt als Resümee: Brasilien ist immer noch voller Überraschungen, auch wenn es in Riem liegt. Im Schnitt 25 bis 30 Euro für reichlich Essen und Trinken pro Nase sind fair, wenn's schmeckt. Und wo's nicht schmeckt, sollte die junge Mannschaft des Hauses halt noch üben. Dann könnte das schon was werden mit der Copacabana im Osten Münchens.

Mistura Tropicana, Graf-Lehndorff-Straße 47, Tel. 0151-20063278, www.mistura-tropicana.de, Öffnungszeiten: Di. - Sa. ab 16 Uhr, Küche bis 22.30 Uhr, So. ab 11 Uhr, Küche bis 22 Uhr, Montag Ruhetag

© SZ vom 09.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Brasilianisches Restaurant
:Copacabana im Münchner Osten

Ein bayerisch-brasilianisches Paar führt das "Mistura Tropicana" in Riem - eine Mischung, die auch die Speisekarte bestimmt. Nicht jedes Gericht gelingt. Doch bleibt man bei den brasilianischen Angeboten, erlebt man wahre Gaumenfreuden.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: