ZDF-Sommerinterview:Krise weglächeln - Seehofer folgt der Kanzlerin

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Politiker und Pokerspieler haben eines gemeinsam: Sie müssen ihre wahren Gedanken vor dem Gegner verbergen. Horst Seehofer wurde da nur anfangs im ZDF-"Sommerinterview" gefordert.

Birgit Kruse

Horst Seehofer ist der Pokerspieler unter den Politikern. Ist ihm eine Situation unangenehm und will er partout seine wahren Gefühle nicht preisgeben, dann kommt sein unverkennbares Seehofer-Lächeln zum Einsatz. Schon manche heikle Situation hat der CSU-Chef auf diese Art einfach weggelächelt.

Horst Seehofer gibt gern den Takt vor. So wie zu seinem 60. Geburtstag, als der bayerische Ministerpräsident im vergangenen Jahr eine Blaskapelle dirigierte. (Foto: dpa)

So wurde er mit dem "Du" fertig, das ihm FDP-Chef Guido Westerwelle im Herbst nach dem angeblich erfolgreichen Abschluss der Koalitionsverhandlungen angeboten hat. So kommt er mit Journalisten zu Rande, die mit ihren Fragen den wunden Punkt treffen. Bei Bettina Schausten, im ersten ZDF- Sommerinterview dieser Saison, lächelte es wiederholt seehoferisch.

In Ingolstadt haben sich die beiden zum Gespräch getroffen. Sie sitzen an der Donau im Grünen. Oberbayerische Stadtidylle. Doch schon nach den ersten Fragen ist klar: Harmonisch wird dieses Interview zunächst nicht.

Der wortkarge Ministerpräsident

Von den schlechten Umfragewerten der CSU ist die Rede. Von den bürgerlich-konservativen Wählern, die ihre politische Heimat nicht mehr selbstverständlich bei den Christsozialen sehen. Und von der Umfrage-Affäre, die die bayerische Regierungskoalition vor wenigen Tagen in eine schwere Krise stürzte.

Mit Steuergeld, so der Vorwurf, soll die Staatskanzlei eine Studie in Auftrag gegeben haben, die auch Tipps für die CSU enthalten hat. Wie man den politischen Gegner in Schach halten und die FDP attackieren könne, stand da zu lesen. Das ist besonders pikant, denn dummerweise sitzen die Liberalen auch in Bayern mit am Kabinettstisch.

"Ja", antwortet Seehofer knapp auf die Frage, ob er eine solche Umfrage wieder in Auftrag geben würde. Und ebenso knapp kommt das "Nein" über seine Lippen, als es um mögliche personelle Konsequenzen in seiner Staatskanzlei geht. Das komme "überhaupt nicht in Frage". Seehofer hat nun ein besonders breites Lächeln aufgesetzt.

Er sitzt noch relativ entspannt auf seiner Holzbank und sagt Sätze wie: An der Umfrage sei "überhaupt nichts Bedeutendes dabei", schon gar nichts, was man mit dem Koalitionspartner hätte besprechen müssen. Er sei der Regierungschef in Bayern und müsse nicht alles abstimmen. Normalerweise fixiert Seehofer seinen Gesprächspartner, wenn er spricht. Doch diesmal verraten ihn seine Augen: Unruhig huschen sie von links nach rechts, von rechts nach links. Seehofer ist genervt - viel mehr, als er zeigen will.

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Erst nach den kurzen Einspielfilmen ist er wieder der Alte. Als "Quertreiber" wird er tituliert und als "der Ungefähre". Kopfschütteln beim Parteichef und - ein breites Lachen. Solche rituellen Vorwürfe kontert er locker. Der Rest des knapp 20-minütigen Interviews ist erwartbare Routine, sowohl für Seehofer als auch für den Zuschauer. Bettina Schausten, die neue ZDF-Hauptstadtbüroleiterin, hatte ihre Chance. Jetzt kommen die Stanzen.

Die Fußfessel bei Straftätern, die aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden mussten, hält Seehofer für nicht geeignet. Denn es sei die Aufgabe der Politik, die Bevölkerung vor den Tätern zu schützen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sei eine "außerordentlich starke Politikerin", betont er auch noch. Und mit der FDP laufe es selbstverständlich sehr gut. Es sei für ihn auch völlig in Ordnung, dass er sich mit dem FDP-Chef Westerwelle nun duze - selbst wenn er vor der Bundespressekonferenz an jenem Tag nicht so glücklich dreingeschaut hat, wie der Chefkollege von den Liberalen.

Ein ausgesprochener Spaß

Dafür ist er jetzt glücklich, sagt Seehofer. Sein Amt als Ministerpräsident und Parteichef mache ihm "ausgesprochen Spaß". Doch ob er 2013 ein zweites Mal zur Wahl stehe, weiß er selbst noch nicht.

Auf die Beliebtheit des CSU-Ministers Karl-Theodor zu Guttenberg angesprochen, bleibt Seehofer ganz entspannt. Ihm mache das überhaupt nichts aus, dass Guttenberg schon seit Wochen die Beliebtheitsskala anführe, während er sich mit Platz acht zufriedengeben müsse. Warum auch: Immerhin sei es ja Seehofer gewesen, der den Franken erst zu seinem Generalsekretär und dann zum Bundesminister "befördert" hatte. Seehofer lacht.

Jetzt bleiben seine Augen ruhig am Platz. Alles geschafft, alle fiesen Fragen ausgestanden. Es darf weiterregiert werden.

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