White House Correspondents' Dinner:Zwei Dinner und ein unsichtbarer Präsident

Lesezeit: 3 min

  • Das White House Correspondents' Dinner findet erstmals seit 1981 ohne den US-Präsidenten statt.
  • Hasan Minhaj von Trevor Noahs "Daily Show" hält die Rede.
  • Samantha Bee veranstaltet ein alternatives Dinner - mit Will Ferrell als George W. Bush.

Von Johannes Kuhn, New Orleans

Der letzte US-Präsident, der dem White House Correspondents' Dinner fernblieb, hatte eine gute Ausrede: Ronald Reagan war 1981 wenige Wochen zuvor von einem Attentäter angeschossen worden. Dieses Jahr sagte Donald Trump seine Teilnahme an der jährliche Gala der White House Correspondents' Association (WHCA) ohne ausführliche Begründung ab. Wenige Stunden zuvor hielt er eine Großkundgebung vor seinen Anhängern in Pennsylvania.

Damit fand das Abendessen ohne einen US-Präsidenten statt, der sich von einem Comedian die Leviten lesen lässt und sich in einer eigenen Rede selbst auf den Arm nimmt. Wie das Dinner in Washington ohne Trump verlief: ein Überblick.

Die Stimmung

Dem Eindruck nach eher gedämpft. Nicht nur, dass weder Trump noch sonst ein Regierungsmitglied gekommen war - auch Hollywood-Stars ließen sich, anders als noch zur Obama-Amtszeit, nicht blicken. Und natürlich sind die Debatten über die Glaubwürdigkeit von Medien nicht spurlos an der Branche vorbeigegangen. "Herr Präsident, die Medien sind nicht 'Fake News'", sagte der Watergate-Enthüllungsjournalist Bob Woodward in seiner Rede auf dem Correspondents' Dinner, betonte aber auch: "Die Medien sollten keinen Hund im Kampf mitmischen lassen - außer, wenn es darum geht, die am besten erreichbare Version der Wahrheit zu finden."

Der Redner

Hasan Minhaj, "Senior Correspondent" der Comedy-Sendung "Daily Show", Muslim und indischstämmiger Amerikaner erster Generation. Der 31-Jährige zog nicht nur die US-Regierung, sondern auch die Medien kräftig durch den Kakao. Weil Journalisten sich stets recht wichtig nehmen, kam das beim Publikum nicht besonders gut an.

Die Glaubwürdigkeit der amerikanischen Medien verband er mit seiner eigenen Erfahrung: "Wenn einer von Euch Mist baut, werden dafür alle verantwortlich gemacht. Jetzt wisst Ihr, was es bedeutet, einer Minderheit anzugehören." Aber auch, in einer ernsthafteren Passage: "Trump, der Mann der alles twittert, schert sich nicht um die Meinungsfreiheit (...) Ich bin stolz, dass wir das Recht auf freie Meinungsäußerung hier verteidigen - auch wenn der Mann im Weißen Haus das nicht tut."

Die besten Sprüche

  • "Die Nachrichten aus dem Weißen Haus sind so aufreibend... ich gucke mir 'House of Cards' an, nur um mich zu entspannen."
  • "Der Anführer unseres Landes ist nicht hier... sondern in Moskau. Das ist ein langer Flug!"
  • "Wer twittert bitteschön nüchtern um 3 Uhr morgens? Donald Trump, weil es zehn Uhr morgens in Russland ist - das sind die Bürozeiten."
  • (An die Medien gewandt): "Mit Obama war es einfach für euch... aber jetzt: Das ist wie wenn ein paar Stripper-Polizisten plötzlich einen echten Mordfall lösen müssen."
  • "Hillary Clinton konnte nicht hier sein... beziehungsweise: Sie kam nicht, weil ihr jemand gesagt hat, dass die Veranstaltung in Wisconsin oder Michigan ist." [zwei Bundesstaaten, die sie im Wahlkampf gemieden und deshalb verloren hatte, d. Red.]
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Trumps Fern-Botschaft(en)

"Ich hoffe, sie haben ein gutes Abendessen", hatte der US-Präsident vor seinem Auftritt in Harrisburg, Pennsylvania, Reportern gesagt. Um dann vor seinen Anhängern zu erklären, "eine große Gruppe von Hollywood-Schauspielern und die Washingtoner Medien" würden sich gerade Trost zusprechen. Auf einem Dinner, "das sehr langweilig wird." Die Presse sei für "Fake News" verantwortlich und habe sich in den ersten 100 Tagen - anders als Trump selbst - "große, schlechte Noten" verdient.

Die Gegenveranstaltung

Mit "Not The White House Correspondents' Dinner" hatte die Komikerin Samantha Bee eine Extra-Ausgabe ihrer Show " Full Frontal" auf die Beine gestellt - aufgezeichnet am Nachmittag, nur einige Blockte entfernt und vor 2500 Zuschauern.

Neben Einspielern wie einer Pseudo-Dokumentation über "Fakten vs. Alternative Fakten", diversen Comedy-Einlagen mit didaktischen Noten zu Politik und Medien waren auch diverse Gäste zu sehen: So schlüpfte Will Ferrell noch einmal in die Rolle des George W. Bush ("Na, wie mögt Ihr mich jetzt?"). "Wir leben in einem goldenen Zeitalter des Journalismus", so Bee, "leider vor allem wegen eines goldenen Präsidenten, der Golden Showers mag."

Die 75 Minuten bildeten ein Kontrastprogramm für jenes Amerika, das sich dem progressiven Lager zurechnet und von einem White House Correspondents' Dinner träumt, dem Präsidentin Clinton beiwohnt.

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Die Zukunft des Dinners

Die Veranstaltung mag ein gesellschaftliches Großereignis sein, doch als Treffen von Politikern, Journalisten und Lobbyisten ist sie schon seit Jahren umstritten. Dass eine Veranstaltung von Journalisten inzwischen dem bekannten Washingtoner Hinterzimmer-Geklüngel eine Bühne bietet, kritisieren immer häufiger auch die Reporter selbst. Dieses Jahr sagten mit Vanity Fair und dem New Yorker zwei bekannte Medienmarken ihre exklusiven Partys ab. Der Relevanzverfall des White House Correspondents' Dinner scheint sich unabhängig davon zu vollziehen, ob der US-Präsident auf der Gästeliste steht.

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