Film über Amanda Knox:"Als Fernsehdrama ist so eine Geschichte legitim"

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Regisseur Robert Dornhelm hat den Fall Amanda Knox verfilmt - ein umstrittenes Projekt, das jetzt in den USA Fernsehpremiere feiert.

Martin Zips

Es ist einer der spektakulärsten Mordfälle der vergangenen Jahre, und bis heute beteuert die amerikanische Studentin Amanda Knox, 23, ihre Unschuld. Ende 2009 war sie wegen Mordes an der britischen Studentin Meredith Kercher zu 26 Jahren Haft verurteilt worden. Während eines Austausch-Jahres hatten sich die beiden im italienischen Perugia kennengelernt.

Amanda Knox im Gerichtssaal: Der Prozess um Knox, die eine Mitbewohnerin getötet haben soll, wurde nun verfilmt. Am Montag wird er im US-Fernsehen gezeigt. (Foto: REUTERS)

Kercher wurde nach einer angeblichen Sex- und Drogenparty mit durchgeschnittener Kehle tot in einem Wohnhaus aufgefunden. Der Prozess gegen Knox - auch zwei junge Männer wurden in der Causa verurteilt - machte weltweit Schlagzeilen, ebenso wie jetzt die umstrittene Verfilmung des Falls durch den österreichisch-amerikanischen Regisseur Robert Dornhelm, 63. Sein Werk soll am kommenden Montag im US-Fernsehen erstmals ausgestrahlt werden.

SZ: Was ist so interessant an Amanda Knox?

Dornhelm: Ich kann nur für die USA sprechen. Sie ist eine amerikanische Staatsbürgerin im Ausland - also wird sie vor allem als Opfer wahrgenommen. Hier war ja schon der Fall O. J. Simpson zwei Jahre lang Topthema in den Medien. Vielleicht, damit keine anderen, wichtigeren Dinge in die Nachrichten kommen. Die Bevölkerung findet Shakespeare'sche Dramen unterhaltsam, besonders wenn es um Sex geht und die Akteure gut aussehen.

SZ: Sie machen jetzt auch Quote mit dem Fall.

Dornhelm: Ich will mich nicht als Heiligen darstellen! Als Fernsehdrama ist so eine Geschichte legitim. Finden Sie nicht? Wir hatten gute Schauspieler, und ich kann auch nicht sagen, welcher Seite mein Film nützt oder schadet.

SZ: Stimmt es, dass Anwälte von Amanda Knox versuchen, die Ausstrahlung Ihres Films noch zu verhindern?

Dornhelm: Es gibt angeblich einen Brief, aber konkret unternommen haben die Anwälte noch nichts. Amerikas Interesse für den Fall geht ja so weit, dass in den Medien der Afghanistan-Krieg mitunter völlig in den Hintergrund geriet. CNN unterbricht ständig sein Programm, wenn es um Amanda Knox geht.

SZ: Aber die Sache ist doch jetzt schon zwei Jahre alt?

Dornhelm: Trotzdem. Erst vor ein paar Stunden war die Geschichte wieder Aufmacher einer Nachrichtensendung. Diesmal geht es darum, dass Knox' Eltern in Italien verklagt werden sollen. Sie hatten in einem Interview behauptet, ihre Tochter sei während eines Verhörs geschlagen worden. Deshalb droht ihnen eine mehrjährige Haftstrafe wegen Verleumdung der Polizei. Auch die angebliche Verhinderung meines Films durch die Anwälte war in den USA ein großes Thema. Oder die Aufregung über den blutrünstigen Trailer, den ich selber nicht geschnitten habe. Dieser Zusammenschnitt hat vor allem beim britischen Boulevard für viel Aufregung gesorgt, was ich gut verstehen kann.

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SZ: War auch geplant, Ihren Film im Kino zu zeigen?

Dornhelm: Nein, aber die hätten ein riesen Publikum gehabt. In den USA hätte man dafür keine Werbung mehr gebraucht.

SZ: Wie kam man auf einen Österreicher als Regisseur?

Dornhelm: Ich wohne schon seit 1977 in Los Angeles. Spätestens seit meinem Film Echo Park, aber auch seit meiner Verfilmung des Lebens von Anne Frank mit Ben Kingsley kennt man mich hier. Ich habe einen Emmy und war für weitere Emmys und für den Oscar nominiert.

SZ: Sie machen Opernfilme mit Anna Netrebko, Dokumentarfilme über Herbert von Karajan und werden von Steven Spielberg produziert.

Dornhelm: Je vielfältiger, desto besser. Erst eine Dokumentation ohne Geld, dann eine Millionen-Dollar-Produktion.

SZ: Eigentlich sind Sie Rumäne.

Dornhelm: Ich bin in Temeswar in einem Zigeunergebiet aufgewachsen und hörte in meiner Kindheit oft den Satz: "Wenn du jetzt nicht brav bist, so holen dich die Zigeuner." Es war immer meine Hoffnung, dass mich die Zigeuner tatsächlich holten. Damit ich endlich auf Reisen gehen kann. Das Rumänien meiner Kindheit war sehr restriktiv.

SZ: Sie sind als Jugendlicher von dort geflohen?

Dornhelm: Sagen wir so: Mein Großvater hat uns rausgekauft. All jene Mitglieder meiner Familie, die den Zweiten Weltkrieg überlebt hatten, versuchten den Kommunisten zu entgehen und die Familie in Wien zusammenzuführen. Es war ein absolut unkoscherer Deal: Über einen Fleischhändler bekamen wir falsche Pässe.

SZ: Mit 13 Jahren wurden Sie in Italien von Ihrem Cousin, dem späteren Wiener Operndirektor Ioan Holender, abgeholt. Knox war nur unwesentlich älter, als sie nach Perugia ging.

Dornhelm: Ja. Und ihr Fall liest sich wie ein guter Kriminalroman. Als ich das Drehbuch vor mir hatte, wusste ich noch gar nichts über sie. Ich las das Buch auf seinen literarischen Wert hin und wollte die Psyche der Akteure verstehen.

SZ: Doch ein bitterer Beigeschmack bleibt: Der Fall ist nicht abgeschlossen.

Dornhelm: Gut, aber 2009 ist Knox von acht Richtern zu 26 Jahren Haft verurteilt worden. Die Begründung umfasst mehr als 400 Seiten. Dass es in Italien die Möglichkeit auf ein Neuverfahren gibt, das ist schön und demokratisch. Unser Film beschreibt vor allem die Tragödie zweier Mütter, der von Knox und der von Kercher. Beide haben ihre Töchter verloren. Wir spekulieren nicht, ob Knox die Täterin war oder nicht. Wir spielen nicht Detektive. Wir wollten zeigen, wie zwei junge glückliche Mädchen mit ihren Familien in einen Strudel geraten.

SZ: Haben Sie vor den Dreharbeiten mit den Angehörigen gesprochen?

Dornhelm: Die Beteiligten haben uns angeboten, sie zu treffen. Aber mir war das nicht geheuer. Wen sollte ich zuerst treffen? Auf welche Seite sollte ich mich schlagen? Kein Film der Welt kann die Mütter trösten und ich kann ja auch keine Wunden heilen. Deshalb habe ich auf das Treffen verzichtet und gleiches auch den Darstellern empfohlen. Als Arzt möchte ich ja auch nicht wissen, wen ich gerade operiere.

SZ: Was denken die Amerikaner momentan über den Fall?

Dornhelm: Knox hat eine riesige PR-Maschine hinter sich. Donald Trump etwa hat vor einiger Zeit zum Boykott italienischer Restaurants und Weine aufgerufen. Nach dem Motto: So lange unser unschuldiges Mädchen nicht wieder zu Hause ist, erklären wir Italien den Krieg. Die rechte Ecke wiederum distanziert sich von ihr, weil sie Drogen nahm und mit einem Farbigen Sex hatte. Auf beiden Seiten nutzt sie also einer Gruppe.

© SZ vom 19.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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