Tatort-Kolumne:Der B-Movie des Jahres

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Tatort Taunus. Das Format platzt aus allen Nähten. Ulrich Tukurs mit einem sprechenden Gehirntumor ausgestatteter Kommissar Felix Murot ist in ein hochkünstlerisches, nein superkünstliches, mindestens somnambules Konzept eingenäht. Klingt irre? Ist es auch.

Alexander Gorkow

Es ist eklig, wenn man der Kunst Anstrengung ansieht, man denke nur an das eine oder andere Konzert von Madonna, an diesen metallischen Ehrgeiz, die Streberei, das Guck-mal-was-ich-kann.

Ulrich Tukur alias Kommissar Felix Murot recherchiert in einem Dorf, nachdem ihm ein vermeintlich toter Mörder plötzlich vor der Nase herumläuft. (Foto: dapd)

Etwas Gewöhnlicheres als den Tatort am Sonntag gibt es nicht, und die besten davon in diesem Jahr waren die, die das teils stupide Format locker ausgereizt haben, ohne groß an ihm rumzufummeln - wie Milberg/Kekilli und das neue Duo Kunzendorf/Król.

Ausnahmen bestätigen auch diese Regel: Wie dieser total wahnsinnige Tatort aus dem Taunus hier beweist, das Format platzt nämlich aus allen Nähten, allerdings locker. Ulrich Tukurs mit einem sprechenden Gehirntumor ausgestatteter Kommissar Felix Murot ist in ein hochkünstlerisches, nein superkünstliches, mindestens somnambules Konzept eingenäht. Er recherchiert in einem Dorf, nachdem ihm ein vermeintlicher Mörder, der sich doch angeblich selbst gerichtet hatte, plötzlich vor der Nase herumläuft. Das Buch stammt vom immer wieder guten Daniel Nocke, und Regisseur Justus von Dohnányi gestaltet die Episode "Das Dorf" als Würdigung auf die Edgar-Wallace-Klopper wie auch die Adams Family: Jede Sekunde, meint man, schwebt das eiskalte Händchen ins kaltblaue Bild . . .

Künstlichkeit also - allerdings auch Hochkomik, es gibt regelrechte Kabinettstücke, nur zum Beispiel einen denkwürdigen Auftritt der göttlichen Kessler Zwillinge, die als Vision des gehirnkranken Murot einen Auftritt hinlegen von einerseits so beiläufiger, andererseits so explosiver Anmut, dass man sich gleich dafür schämt, was heutzutage sonst noch so im Fernsehen läuft.

In weiteren Rollen begeistern neben dem zart säuselnden Tumor in Murots Kopf die umwerfende Claudia Michelsen, der Charaktertank Thomas Thieme, Tobias Langhoff, Sylvester Groth. Man muss sich "Das Dorf" als das beste B-Movie des Jahres 2011 vorstellen.

Fazit: Ansehen.

ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.

© SZ vom 03.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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