Stärkung der Pressefreiheit:Schluss mit Razzia?

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Ein neues Gesetz soll Journalisten vor dem Vorwurf der "Beihilfe zum Geheimnisverrat" schützen. Der Deutsche Journalistenverband begrüßt den Vorstoß - die Bundestagsopposition hält ihn dagegen für unzureichend.

Dominik Stawski

Fünf Jahre nach der Razzia in der Redaktion des Magazins Cicero hat das Bundeskabinett am Mittwoch einen Gesetzesentwurf zur Stärkung der Pressefreiheit verabschiedet. Journalisten, die ihnen zugespielte Informationen veröffentlichen, sollen demnach nicht mehr wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat verfolgt werden können.

Michael Naumann ist der neue Chef der Zeitschrift "Cicero", deren Redaktion im Herbst 2005 durchsucht wurde. (Foto: dpa)

"Die Pflicht, bestimmte Informationen geheim zu halten, trifft nur die jeweilige Amtsperson - nicht aber den Journalisten", sagte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Weiterhin strafbar soll allerdings die Anstiftung zum Geheimnisverrat bleiben.

Die neuen Regeln ergänzen den Paragrafen 353b des Strafgesetzbuchs, demzufolge Amtsträgern, die ein Dienstgeheimnis verraten, bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe drohen. Außerdem will die Regierung den Informantenschutz verbessern, indem sie die Hürden für die Beschlagnahme von Recherchematerial anhebt. Künftig soll nicht bereits ein einfacher, sondern erst ein dringender Tatverdacht (auf Anstiftung) gegen Journalisten ausreichen, um eine Beschlagnahme anzuordnen.

Das Kabinett setzt damit ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um. Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits im sogenannten Cicero-Urteil vom Februar 2007 Durchsuchungs- und Beschlagnahmeaktionen wegen der bloßen Veröffentlichung von Dienstgeheimnissen durch Journalisten verboten.

Eine Razzia sei unzulässig, wenn sie auf die Identifizierung von Informanten ziele, so die Richter damals. Der jetzige Gesetzesentwurf sei "ein klares Bekenntnis zu einer freien, unabhängigen Presse", sagte Leutheusser-Schnarrenberger.

Die Anstiftung zum Geheimnisverrat bleibt strafbar

Kritik an dem Gesetzesentwurf kam von der Opposition im Bundestag. "Richtig wäre es gewesen, die fragliche Vorschrift zu streichen", teilte Volker Beck mit, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion. Nach wie vor sei die Anstiftung zum Geheimnisverrat strafbar.

"Für Recherche im Journalismus, insbesondere für die investigative, ist es aber notwendig, dass Journalisten auch Informationen erfragen." Es stehe daher zu befürchten, dass Journalisten nun statt wegen "Beihilfe zum Geheimnisverrat" einfach wegen "Anstiftung zum Geheimnisverrat" angeklagt werden.

Der Deutsche Journalisten-Verband begrüßte den Gesetzesentwurf. "Journalisten und Informanten mussten bislang fürchten, dass ihre Quellen plötzlich auffliegen, wenn Polizei und Staatsanwalt vor der Haustür stehen", teilte DJV-Sprecher Hendrik Zörner mit. Diese Gefahr werde nun reduziert. Zörner kritisierte allerdings, dass andere Vorhaben der Regierung, etwa die Forderung von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) nach einem neuen Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, die Pressefreiheit gefährden könnten.

Ausgangspunkt für die Gesetzesinitiative war die Razzia bei Cicero und dem freien Journalisten Bruno Schirra im Herbst 2005. Schirra hatte einige Monate vor der Durchsuchung über den mutmaßlichen, inzwischen getöteten islamistischen Terroristen Abu Musab al-Sarkawi berichtet. Im Artikel zitierte er ausführlich aus einem "Auswertungsbericht" des Bundeskriminalamts. Das Dokument war nur für den Dienstgebrauch bestimmt. Daraufhin durchsuchten Beamte des Brandenburger Landeskriminalamts die Cicero-Redaktion und Schirras Wohnung.

© SZ vom 26.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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