"American Gods" bei Amazon Prime:In Amerika kämpfen die Götter

Lesezeit: 2 min

Big Boss: Mr. Wednesday (Ian McShane) bezahlt Shadow (Ricky Whittle). (Foto: Jan Thijs/Starz Entertainment)

Moderne Technik gegen alter Glaube: Die Fantasyserie "American Gods" schreckt auch vor Bildern aus der dunklen US-Geschichte nicht zurück.

Von Nicolas Freund

Die alte Frau möchte nur aus dem Kaffeesatz lesen. Sonst versuchen die meisten Menschen, Shadow zu verprügeln, zu ermorden oder zu einer Straftat anzustiften. Gut, der asoziale Sohn der Dame plant, Shadow mit einem riesigen Hammer zu erschlagen, aber das Projekt ist noch in einer frühen Planungsphase und dieser Mr. Wednesday, der auch dabei ist, scheint die Situation gut im Griff zu haben.

American Gods lässt den Zuschauer nach den ersten Folgen ziemlich ratlos zurück, und das liegt nicht nur an ihrem eigenwilligen Humor und den comichaften Gewaltszenen. Gleich am Anfang metzelt sich eine Horde Wikinger ab, nur um dann wieder aus der Serie zu verschwinden. Auch Leser der Romanvorlage von Neil Gaiman werden sich über diese Szene wundern, beginnt doch das Buch damit, dass ein Bursche mit dem supercoolen Namen Shadow (Ricky Whittle) aus dem Knast entlassen wird und zur Beerdigung seiner Frau reist. Unterwegs wird er von besagtem Mr. Wednesday (Ian McShane) angeheuert - ohne genaue Jobbeschreibung - und gerät ständig in wilde Kämpfe.

Der Konflikt zwischen altem Glauben und neuem Wissen

Die Serie kommt erst von der vierten Folge an in Fahrt, weil die Showrunner um Produzent Bryan Fuller ( Star Trek) entschieden haben, aus dem 700-Seiten-Roman drei Staffeln zu machen. Bei Game of Thrones würde der Stoff gerade so für eine reichen: Shadow gerät zwischen die Fronten eines Krieges, den die alten Götter, Anubis, Odin und so, gegen Medien und Technik des Informationszeitalters führen, also die "neuen Götter". Apropos Kaffeesatz.

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Neil Gaiman erklärt im Vorwort des Romans, viele Erlebnisse von einer USA-Reise während des Schreibens seien direkt in die Geschichte eingeflossen. Von den Kasinos, die oft wie ägyptische Pyramiden oder römische Tempel dekoriert sind, bis zu Shadows festem Glauben, man dürfe sich mit Frauen, die am Flughafen arbeiten, nicht anlegen, dann werde schon alles gut, hat Gaiman viele kleine Beobachtungen und Mythen des Alltags gesammelt. Auch vor Bildern aus der dunklen US-Geschichte schreckt er nicht zurück, wenn eine Horde weiß vermummter Gestalten versucht, den schwarzen Shadow zu erhängen.

Gaiman, der als Produzent an der TV-Serie mitarbeitet, reiht diese Beobachtungen, in denen er den Konflikt zwischen altem Glauben und neuem Wissen aufblitzen sieht, wahllos aneinander. Er wirft keinen Blick in die moderne amerikanische Seele, und es gibt keine Auseinandersetzung mit echten neuen Religionen. Fast trotzig nimmt Gaiman die Motive nur als Kulisse für seine Fantasy-Geschichte.

Echte neue Glaubensrichtungen spielen wahrscheinlich keine Rolle, weil Gaimans Familie bei Scientology aktiv ist, der Vater war sogar Pressesprecher. Gaiman beteuert regelmäßig, mit der Sekte nichts zu tun zu haben, hat sich aber auch nie richtig distanziert. Da ist es doch gut, dass sich American Gods die meiste Zeit aufs Kaffeesatzlesen beschränkt.

American Gods , abrufbar bei Amazon Prime Video.

© SZ vom 03.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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