Anfang der 90er Jahre gab es im ZDF eine Serie, in der bekümmerte Deutsche in den Tropen unter einen erkenntnisbringenden Wasserfall gesetzt wurden. Sie kamen auf die Insel der Träume, im Gepäck hatten sie familiäre Traumata, und ein weißhaariger Herr brauchte nur 45 Minuten Sendezeit, die Schönheit der Natur und das Rauschen jenes Wasserfalls, um seine Gäste befreit zurück in die Zivilisation zu schicken.
Die Idee zur Insel der Träume stammte von Produzent Wolfgang Rademann, der mit dem Traumschiff, ebenfalls im ZDF, Familiendramen am Urlaubsort zum festen Bestandteil der bundesdeutschen TV-Unterhaltung gemacht hat. Das Prinzip ist einfach: Man versetzt Geschichten, die man leicht auch, zum Beispiel, in Gelsenkirchen erzählen könnte, in einen Palmenhain oder an den Strand. Alltagsflucht, und das sogar in die Sonne.
Nun hat der Privatsender RTL natürlich ein anderes Publikum als das ZDF, das sich in Hinblick auf seine jungen Zuschauer vor allem fleißig Digitalkanäle anschafft. RTL also lässt keine schaumweintrinkenden Senioren kreuzfahren, sondern schickt ein attraktives, junges Ermittlerpaar (Tobias Oertel und Eva-Maria Grein von Friedl) vom BKA los, in Schwierigkeiten geratene Urlauber zu retten. IK1 - Touristen in Gefahr ist benannt nach einer realen Abteilung für "internationale Koordinierung", für die laut RTL Beamte in 48 Ländern arbeiten.
Im Pilotfilm, mit dem RTL die Serie testet, reisen die beiden nach Thailand, wo ein Deutscher wegen Mordverdacht im Knast sitzt. Zwischen den Beamten ist es schwierig: Er hält sich (Zitat Kollegin) für eine Mischung aus James Bond und Indiana Jones, sie trägt auch im Dschungel Hosenanzug. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, was den beiden in der exotischen Fremde alles widerfährt. Andererseits: Legte man diesen Maßstab an alle TV-Krimis an, die, zum Beispiel, in Gelsenkirchen spielen, käme man zu keinem anderen Ergebnis. Und bei RTL scheint wenigstens die Sonne.
RTL, 20.15 Uhr.