"The OA" bei Netflix:Wohin geht die Seele, wenn wir sterben?

Lesezeit: 2 min

Menschliche Laborratte: Brit Marling als Prairie Johnson. (Foto: JoJo Whilden/Netflix)

Mit schlauer Science-Fiction ist Autorin und Schauspielerin Brit Marling im Kino bekannt geworden. Jetzt hat sie mit "The OA" ihre erste Serie erschaffen.

TV-Kritik von Karoline Meta Beisel

Zu Beginn ihrer Karriere hatte die Amerikanerin Brit Marling ein Schönheitsproblem. Ein Jobangebot von Goldman Sachs hatte die studierte Ökonomin, Jahrgangsbeste an der Georgetown-Universität in Washington D.C., abgelehnt, um Schauspielerin zu werden. Jetzt rannte sie von Casting zu Casting - aber die Rollen, die man ihr anbot, gefielen ihr nicht: Typ schöne, fade Geliebte oder Opfer im Horrorfilm. Anstatt weiter auf bessere Angebote zu hoffen, begann Marling, sich ihre Rollen selbst zu erschaffen. Ein paar Jahre und drei Kinofilme später gehört die heute 33-Jährige zu den spannendsten Filmemachern der USA. Von diesem Freitag an ist nun ihre erste Fernsehserie auf Netflix zu sehen.

In The OA spielt Marling eine Frau namens Prairie Johnson, die als blindes, junges Mädchen verschwand. Nun, Jahre später, ist sie wieder da - und kann sehen. "Ihr wollt wissen, wie ich mein Augenlicht zurückbekam? Die bessere Geschichte ist, wie ich es überhaupt verloren habe", erklärt Prairie ein paar Jungs aus dem Dorf und einer verhuschten High-School-Lehrerin, den einzigen Menschen, denen sie sich anvertraut.

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Die acht Episoden, die sich Marling gemeinsam mit ihrem langjährigen Arbeitspartner Zal Batmanglij ausgedacht hat, führen von Russland über den Dachboden, auf dem Prairie abends ihre Geschichte erzählt, in die Gänge einer verlassenen Mine: Als eine Art menschliche Laborratte wird Prairie dort von einem sadistischen Forscher gefangen gehalten, der wissen will, wohin die Seele geht, wenn wir sterben.

Schon Marlings erste Kinofilme waren schlaue Science-Fiction-Gebilde auf der Grenze zwischen Wissenschaft, Religion und Philosophie: In Another Earth taucht plötzlich eine zweite Erde am Horizont auf, in Sound of My Voice schart sich ein Kult um eine Frau aus der Zukunft. Und The OA? Sie sei fasziniert von Nahtoderfahrungen, sagt Marling am Telefon. "Es gibt so viele Untersuchungen und Berichte dazu - Forscher, die Zahlen auf die Oberseiten von Deckenventilatoren schreiben, um zu testen, ob die Seele beim Tod wirklich von oben auf den OP-Tisch guckt; oder von Menschen, die nach einer Nahtoderfahrung fremde Sprachen beherrschen." Außerdem sei das Thema auch ein fruchtbarer Boden für Geschichten: der Tod als Metapher, um sich über das Leben Gedanken zu machen.

Das Publikum suche die Herausforderung, glaubt Marling

The OA will aber noch mehr sein als das. "Es geht um die Macht des Geschichtenerzählens", sagt Marling, "und darum, wie man den Menschen, wenn man sie gut unterhält, auch Tiefgründiges unterschmuggeln kann." Ohne zu viel vorwegzunehmen: Filmisch ist das gut umgesetzt. Prairies Zuhörer lernen auf dem Dachboden mehr als nur eine Kriminalgeschichte; und auch das Publikum wird auf eine falsche Fährte geführt.

Im Fernsehen ist es trotz der anhaltenden Serienschwemme immer noch ungewöhnlich, die Zuschauer derart hinters Licht zu führen. Diese hätten aber Lust auf Geschichten, die die Sehgewohnheiten herausfordern, sagt Marling. "Das Publikum ist heute extrem gebildet, weil wir in alarmierender Frequenz so viele Geschichten konsumieren." Vor The OA hat Marling sich gefragt, wie eine Serie aussehen müsste, die sie selbst gerne sehen würde. Dann hat sie sich hingesetzt und sie einfach geschrieben.

The OA , abrufbar bei Netflix.

© SZ vom 16.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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