Münchner "Tatort":Ivo, mein Ivo

Tatort; Tatort BR Der Tod ist unser ganzes Leben Batic Leitmayr

Batic (r.) und Leitmayr sind zwar langjährige Partner, haben doch ganz eigene Vorstellungen von der Wahrheit.

(Foto: X Filme/Hagen Keller)

Wären die Münchner "Tatort"-Kommissare verheiratet, würde in diesem Fall ihre Ehe zerbrechen. Vor allem Leitmayr stellt sich die Vertrauensfrage.

Kolumne von Carolin Gasteiger

Die Erkenntnis:

"Eine Lüge ist manchmal die bessere Wahrheit." Im Münchner Tatort trifft das auf alle Beteiligten zu, nicht nur auf die Witwe des Mordopfers Ben Schröder, sondern auch auf die Kommissare Batic und Leitmayr. Wären die beiden ein Ehepaar, es wäre, als würde Leitmayr einen Seitensprung Batics entdecken - von einem Moment auf den anderen fällt ihre Beziehung in sich zusammen.

Darum geht's:

"Der Tod ist unser ganzes Leben" knüpft an den Fall "Wahrheit" vom vergangenen Oktober an. Damals konnten die Kommissare den Mörder nicht fassen. Ein Jahr später wird wieder ein Mann auf offener Straße ohne erkennbares Motiv niedergestochen, aber der Täter, Thomas Barthold, kann schnell gefasst werden. Allerdings manipulieren die beiden Polizisten, die den Transport begleiten, die Überführung und die Kommissare versuchen, Barthold in einer leer stehenden Papierfabrik zu fassen. Was schief geht. Sie werden verletzt, Batic liegt im Krankenhaus. All das wird in Flashbacks erzählt, während Leitmayr vor einem Untersuchungsausschuss erklären soll, was passiert ist. Was eigentlich? Vor allem Franz Leitmayr muss schmerzhaft erfahren, dass seine Wahrheit eine ganz andere ist als die seines langjährigen Partners Ivo Batic.

Bezeichnender Dialog:

Leitmayr humpelt an der Krücke an Batics Krankenbett. Deutliche Worte fallen - und zeigen, dass die Kommissare nicht nur körperlich geschunden sind.

Batic: Franz!

Leitmayr: Ivo!

Batic: Franz! Jemand hat mal gesagt, unser Beruf ist ein einziger großer Fehler.

Leitmayr: Was soll das jetzt?

Batic: Das warst du. Du hast das gesagt. Nachdem wir monatelang nicht wussten, wer Ben Schröder umgebracht hat.

Leitmayr: Da waren wir beide besoffen.

Batic: Trotzdem, was kommt denn noch? Was kommt noch? Was? Der Carlo hat seine Frau und sein Leben. Und wir? Keine Frau und kein Leben. Nur Leichen. Der Tod ist unser ganzes Leben.

Beste Szene:

Anfangs ist es nur ein verdatterter Blick, dann bleibt ihm kurz der Mund offen stehen, schlussendlich verlässt Leitmayr ein Verhörzimmer. Und wie er vor der Tür schwer atmend an der Waschbetonwand lehnt, verloren im Flur, wird klar, dass für ihn gerade mehr zusammenbricht als nur seine Aussage. Fehlt nur noch, dass er leise in den Raum seufzt: "Ivo, mein Ivo."

Top:

Oft überfrachten Flashbacks auf vergangene Fälle die 90 Minuten eines Tatorts. Aber in "Der Tod ist unser ganzes Leben" gelingt dieser Spagat, indem die Rückblenden knapp gehalten werden und ausreichend neuer Stoff erzählt wird. Nicht umsonst wollen die Macher den Fall bewusst nicht als "Sequel" verstanden wissen.

Flop:

Ein bisschen leidet die Handlung jedoch schon unter dem Psychodrama zwischen Batic und Leitmayr. Warum Museumswärter Thomas Barthold willkürlich Menschen auf offener Straße niedersticht, bleibt offen.

Bester Auftritt:

Mal lächelt er schweigend in sich hinein, mal kommentiert er seine grausame Tat sadistisch ("Er hieß Drago - ein hübscher Name, nicht?", sagt er über den Sohn des Mordopfers Ben Schröder). Gerhard Liebmann spielt den Messerstecher Barthold brillant unheimlich, verrückt und gefährlich.

Schlusspointe:

Es war dann doch nicht Batic, sondern Ayumi Schröder, die Barthold und die Polizistin Sabine Merzer erschossen hat. Leitmayr hat sich nicht in ihm getäuscht. Aber das Vertrauen ist angeknackst. "Sagst jetzt die Wahrheit?", fragt er Batic. "Was ist schon die Wahrheit?", antwortet der und humpelt davon.

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