Media Night der CDU in Berlin:"Politiker sind auch Menschen, also könnten es sein"

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Bundeskanzlerin Angela Merkel auf der CDU-Media-Night (Foto: dpa)

Digitales, Delikates und das "World Wild Web": Versprechungen und Versprecher halten sich ungefähr die Waage auf der "Media Night" der CDU in Berlin. Am Ende wird mitsamt Kanzlerin und David Garrett gefeiert, dass hoffentlich alles bleibt, wie es ist. Und dann wäre da noch das Urheberrecht.

Von Ruth Schneeberger, Berlin

Kulturstaatsminister Bernd Neumann ist eine seriöse Erscheinung. Zur zehnten "Media Night" der CDU in Berlin taucht er mit giftgrünem Einstecktuch zu farblich passender Krawatte auf, mit grauem Anzug zu farblich passendem Haar - er macht einen aufgeräumten Eindruck.

Dass er in seiner Eröffnungsrede zu genau derselben Conclusio kommt wie noch vor drei Wochen beim Deutschen Filmpreis und dabei fast exakt dieselben Worte wählt, macht ja nichts: Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat nun mal einen Bildungsauftrag und sollte die wertvollen Kulturperlen, die es zu bieten hat, nicht allein im Nachtprogramm verstecken, sondern tagsüber für alle anbieten, da hat er schon recht. Das kann man als Kulturstaatsminister gar nicht oft genug predigen - egal, auf welcher Abendveranstaltung man gerade spricht.

Dass er in seiner Rede zur Verortung der neuen und alten Medien allerdings ausgerechnet Begrifflichlichkeiten wie "Digitales" immer wieder mit "Delikates" und "Delegieren" durcheinanderbringt, das hätten ihm vielleicht die Piraten übel genommen. Nicht aber die CDU, die am Dienstagabend geschlossen in schwarzen Anzügen zur "Media Night" ins Konrad-Adenauer-Haus gepilgert ist, um zu erfahren, wie es um die Medienlandschaft bestellt ist, beziehungsweise aus Sicht der Union bestellt sein sollte.

"World Wild Web"

Hier wird darüber generös hinweggelächelt, genau wie über Angela Merkels Versprecher "World Wild Web", denn es ist doch auch viel lustiger, wie sie im Anschluss die Musikanten und deren "Kapelle" von Leslie Mandoki und David Garrett abmoderiert. Merkel urteilt ironisch über deren musikalischen Einsatz mit Leib und Seele: "War doch gar nicht so schlecht." Die Musiker hatten sich zuvor im Gegenzug alle Mühe gegeben, zu fiedeln, was das Zeug hält, um ihre gemeinsame "Wertegemeinschaft" und ihren Bezug zur Unionspartei zu demonstrieren, die an diesem Abend ihre Rechnung bezahlt.

Das Publikum liebt seine Kanzlerin dafür, wie trocken sie die Musikanten abspeist, und es liebt RTL-Geschäftsführerin Anke Schäferkordt, die an diesem Abend die "Key Speech" hält, fast genauso dafür, wie trocken sie Hajo Schumacher anschließend im Face-to-Face-Interview abspeist. Toughe Geschäftsfrauen und ihr professioneller Umgang mit Männern - das scheint dann allerdings auch genug des Fortschrittsgedankens zu sein, den sich die Union an diesem Abend genehmigt. Denn das eigentliche Thema der "Media Night", das bleibt dann doch in den Kinderschuhen stecken.

Urheberrecht, ja, da waren sich nun alle einig: Die Kreativen unter den Medienschaffenden dürften ihre Existenzgrundlage durchaus nicht durch Free Content im Internet verlieren, auch wenn "die junge Generation" diesen Kreislauf noch nicht verstehe, der letzten Endes auch die Verlagshäuser so schädige, dass ansonsten "die Medien" in Gefahr seien.

Und auch in den spätnachmittäglichen "Panels", die zu Unions-Lieblingsthemen wie "Heimatverbundenheit trotz digitaler Weltöffentlichkeit", "Regulierung in der digitalen Medienwelt", "Fairplay auf dem Platz - zum Verhältnis von Sport und Medien" und "Digitale Spiele als Wirtschafsfaktor für Deutschland" so illustre Persönlichkeiten wie den Herausgeber der Super Illu (Jochen Wolff), die Redaktionsleiterin der Bild Berlin-Brandenburg (Miriam Krekel) oder Moderator Fritz Egner versammelten, geschah erwartungsgemäß nichts bahnbrechend Wegweisendes.

Zeit vs. Super-Illu

Außer vielleicht der Tatsache, dass die ehemalige Weinkönigin und nun Vorsitzende der CDU-Fraktion Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner, in der Heimat-Diskussionsrunde zu einem bemerkenswerten Schluss kam: Super-Illu-Wolff hatte gerade gemutmaßt, dass die Zeit unter anderem deshalb gerade so erfolgreich sei, weil sie sich von der Super Illu abgeschaut habe, wie man erfolgreich seine Regionalkompetenz stärke, was an sich schon ein recht verwirrender Gedanke ist. Da befand Julia Klöckner tatsächlich, dass es auch für Politiker vielversprechend sein müsse, wenn sie "Geschichten von sich selbst erzählen, um deutlich zu machen: Politiker sind auch Menschen, also könnten es sein."

Irgendwas war auch da also durcheinandergeraten, irgendwie, und dabei sollte doch nur gesagt werden, dass deutsche Politiker sich durchaus etwas von Barack Obamas Medienpräsenz abschauen sollten - aber dann doch nicht, wie etwa wiederum die Kanzlerin beweise. "Lieber ein bisschen grobmotorischer als ein Showtalent sein und dann aber komplett untergehen", verglich Julia Klöckner die öffentlichen Auftritte der Kanzlerin mit denen von Herausforderer Peer Steinbrück.

Bevor das weiter vertieft werden konnte, wurde im Anschluss tüchtig gefeiert und leicht verstockt getanzt, bis tief in die Nacht - und man muss dann doch attestieren: Ausgelassener als etwa die SPD in Bayern feiert die CDU in Berlin allemal, das muss man ihr schon lassen. Grammatik, Medienkompetenz, Urheberrecht und Verstockung hin oder her - es ist zwar noch nicht Wahlkampf-Endrunde, aber es ist kurz davor. Und da lässt man sich nochmal feiern in Berlin auf der "Media Night", wo Journalisten allerdings eher eine Randerscheinung waren.

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