Fernseh-Serien:Amerika entdeckt den Untertitel

Kommissarin Lund - Das Verbrechen III (1)

Wenn die Kommissarin dänisch spricht. Szene aus der Fernsehserie "Kommissarin Lund - Das Verbrechen III" mit Pelle Koppel (rechts) und Sarah Lund (Sofie Gråbøl). Die Serie lief in Deutschland im ZDF.

(Foto: ZDF/Tine Harden)

Allein Netflix will 2016 mehr als 30 Serien herausbringen - da haben selbst Binge-Watcher Mühe, sich alles reinzuziehen. Wie sieht also das Rezept für eine Erfolgsserie aus?

Von Paul Katzenberger, Berlin

David Bowie ist tot, doch künstlerischen Einfluss hat der britische "Selbstentfesselungskünstler" immer noch - etwa auf die Zukunft des Fernsehens. Den Produzenten der französischen TV-Serie The Last Panthers gelang ein Coup, denn die letzte Single Bowies gibt nun den Titelsong für die gefeierte Serie her.

"Blackstar" verkörpere jeden Aspekt der Figuren, sagt Regisseur Johan Renck: "Düster, grüblerisch, schön und sentimental" sei Bowies Musik und passe daher gut zu den Protagonisten von The Last Panthers, die sich den verdrängten Ängsten ihrer Vergangenheit stellen müssen.

Fernsehserien liegen im Trend - da gelingt es deren Machern nun sogar, ultimative Weltstars wie David Bowie für den kleinen häuslichen Bildschirm einzuspannen.

Den Weg hierzu bereiteten allerdings keine Superstars, sondern nüchtern kalkulierende Produzenten, wie etwa Piv Bernth vom Dänischen Rundfunk (verantwortlich für Erfolgsserien wie Kommissarin Lund) oder Bruce Tuchman vom US-Fernsehsender AMC (Breaking Bad), die als Erneuerer des Serienformats dies- und jenseits des Atlantiks gelten. Wer könnte also bessere Ratschläge geben als Pioniere wie Bernth und Tuchman? Auf einer Podiumsdiskusion bei der diesjährigen Berlinale lassen sie sich vor Fachpublikum in die Karten schauen.

Und eines ist klar: Der Boom kann für diejenigen, die erst jetzt aufspringen, gefährlich werden. Inzwischen gibt es eine Inflation der Produktionen, sodass es zwangsläufig Verlierer geben muss. Allein Netflix will 2016 mehr als 30 Serien herausbringen - da schafft es selbst der ergebenste "Binge-Watcher" nicht mehr, sich alles reinzuziehen. Wie sieht es nun also aus, das Erfolgsrezept für Fernsehserien?

Stories mit starkem regionalen Bezug seien für sie am verheißungsvollsten, sagt Bernth: "Denn da kennen sich die Autoren automatisch so gut aus, dass die Vielschichtigkeit und Komplexität, die bei den Plots inzwischen verlangt wird, am besten gelingt."

Publikum wird immer anspruchsvoller

Für Tuchman ist der regionale Bezug zwar kein Selbstzweck. "Die Geschichten müssen vor allem gut sein", sagt er. Doch Handlungen aus sehr spezifischen Milieus hätten häufig eine so universelle Bedeutung, dass die Serie dadurch die gefragte Qualität bekäme.

Sich im Lokalen nach Geschichten umzuschauen, und damit dann global rauskommen - zu dieser Entwicklung passt, dass selbst in den USA inzwischen fremdsprachige Fernsehserien mit Untertiteln sehr gefragt sind. Dabei gab es dort bislang keinerlei Affinität für fremde Sprachen und nicht die Spur einer Tradition bei der Untertitelung von Filmen oder deren Synchronisation.

Vom speziellen Aroma einer fremden Sprache

AMC sei auch in diesem Segment mittlerweile sehr erfolgreich, sagt Tuchman. Denn das Publikum werde inzwischen immer anspruchsvoller - und dazu gehöre offenbar auch, dass das spezielle Aroma, den eine fremde Sprache dem visuellen Erlebnis verleihe, von den Zuschauern gewünscht werde.

Caroline Benjo von der französischen Produktionsfirma "Haut et Court", die neben The Last Panthers auch die Erfolgsserie The Returned produziert hat, kann das in der Diskussion nur bestätigen: "Als wir The Returned an den Channel 4 nach Großbritannien verkauft haben, haben wir sogar den Trailer ausschließlich auf französisch ausgestrahlt, und die Zuschauer waren begeistert."

So weit ging RTL mit seiner Vorzeigeserie Deutschland 83 nicht, die dennoch international gefeiert wurde. In den USA lief der Achtteiler in englischer Synchronisation und in Schweden parlieren Adjutant Rauch (Jonas Nay) und General Edel (Ulrich Noethen) schwedisch, wie die Trailer belegen, die RTL-Fiction-Chef Philipp Steffens mit zur Diskussion gebracht hat.

Amerikaner bewahren RTL vor Reinfall

Bei Deutschland 83 erwies sich das Patentrezept, etwas sehr Spezifisches und Landestypisches auf der ganzen Welt vorzuführen, als besonders wirksam. Die amerikanischen Zuschauer nahmen regen Anteil an der Geschichte, die sich so nur im geteilten Deutschland während des Kalten Krieges abspielen konnte. Die deutschen Einschaltquoten erwiesen sich für RTL hingegen als enttäuschend. Doch wer wie der deutsche Privatsender treue amerikanische Zuschauer hat, dürfte das verschmerzen können.

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