Deutsch-polnischer "Polizeiruf 110":Schuld ist nur die Eifersucht

Lesezeit: 2 min

In "Grenzgänger" reagiert sich Anwalt Tobias Vogel im Boxring ab. (Foto: rbb/Conny Klein)

In "Grenzgänger" geht das deutsch-polnische Thema überraschend gut auf. Und Kommissar Rex bekommt ernsthafte Konkurrenz. Die Nachlese.

Kolumne von Carolin Gasteiger

Darum geht es:

Kommissarin Olga Lenski ist auf dem Weg zu ihrem neuen Job in einer deutsch-polnischen Ermittlergruppe in Frankfurt (Oder). Als sie in einem abgestellten Auto am Straßenrand einen jungen, schwer verletzten Mann entdeckt, bringt sie ihn ins Krankenhaus. Vergeblich. Wenig später stirbt er - und Lenski und ihr neuer Kollege Adam Raczek ermitteln bei tschetschenischen Asylbewerbern, im Boxmilieu und in einer dubiosen Anwaltskanzlei.

Lesen Sie hier ein Interview mit dem neuen Polizeiruf-Kommissar Lucas Gregorowicz (Adam Raczek):

Lucas Gregorowicz im "Polizeiruf 110"
:"Wenn man über sich selbst lacht, kann das zur Verständigung beitragen"

Lucas Gregorowicz, der Neue im "Polizeiruf", über seine polnischen Wurzeln, nationale Klischees - und das Sequel zum Kultfilm "Lammbock".

Interview von Carolin Gasteiger

Bezeichnender Dialog:

Lenski und Raczek verhören den Übersetzer Achmat Kisultesov. Er steht im Verdacht, illegale Boxkämpfe unter tschetschenischen Asylbewerbern veranstaltet zu haben. Raczek platzt dabei der Kragen.

Raczek: Besorgen Sie nur die Kämpfer, Herr Kisultesov, oder organisieren Sie den ganzen Zirkus auch? Sie verheizen Ihre eigenen Landsleute und bereichern sich daran?

Kisultesov: Sie fühlen sich moralisch ja geradezu überlegen, Herr Raczek.

Raczek: Ja, tu' ich.

Kisultesov: Interessant. Was wollen Sie eigentlich von mir?

Raczek: Die Wahrheit.

Kisultesov: Die Wahrheit - Ihre?

Raczek: Ja, meine.

Lenski: Herr Kisultesov, wir haben Hinweise darauf, dass in Grosny junge Männer angeworben werden, die dann hier an illegalen Kämpfen teilnehmen müssen. (...)

Kisultesov: Solche Kämpfe sind nichts gemessen an dem, was wir Tschetschenen in den Kriegen erlebt ...

Raczek (unterbricht Kisultesov): Sie lassen Menschen aufeinander los wie Tiere!

Kisultesov: Für diese Menschen ist alles besser als die Hölle von Grosny. In unserer Kultur ist ein Mann bereit zu kämpfen. Das mag Ihnen aus Ihrer westlichen verweichlichten Sicht befremdlich vorkommen. Aber diese Leute unterstützen ihre Familie. Von 500 Euro können sie in Tschetschenien ein ganzes Jahr leben. Ich helfe meinen Landsleuten.

Die besten Zuschauerkommentare:

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Beste Szene:

Beide Kommissare suchen auf der Landstraße nach Olga Lenskis Auto, das verschwunden ist - und geben ein Beispiel interkultureller Selbstverständlichkeit. Lenski telefoniert auf Deutsch und will wissen, wo ihr Wagen gelandet ist. Raczek hat seinen Vater an der Strippe und spricht Polnisch. Dann geht Lenksi mit einem Lächeln auf ihren neuen Kollegen zu. "Sind Sie jetzt Pole oder Deutscher?" Mit ironischem Unterton antwortet Raczek: "Finden Sie es heraus, Frau Kollegin."

Top:

Das deutsch-polnische Thema zieht sich als roter Faden durch diesen Polizeiruf - angefangen bei den beiden Kommissaren bis hin zu den zweisprachigen Dialogen. Erstaunlich, dass es zu so einem länderübergreifenden Projekt erst nach mehr als 40 Jahren Polizeiruf  kommt.

Flop:

Wie Lenskis früherer Partner Horst Krause fährt Adam Raczek Motorrad. Und wirkt damit leider wie der Abklatsch seines Vorgängers, nur in cool. Das wirkt uninspiriert und merkwürdig altbacken. Krause hat man das abgekauft, Raczek nicht. "Der Meister hatte wenigstens einen Beiwagen", kommentiert Lenski das Gefährt ihres neuen Kollegen.

Bester Auftritt:

Vergessen Sie Kommissar Rex! Selten hat ein Polizeihund seinem Namen so wenig Ehre gemacht wie Speedy. Aber kaum einer war dabei zugleich so überzeugend. Speedy bewegt sich quasi gar nicht. Um seinen Stammplatz unter dem Schreibtisch zu verteidigen, reicht ein tiefes, entschiedenes Knurren.

Die Erkenntnis:

Viel wird in diesem Fall angerissen: der Tschetschenien-Krieg, illegale Einwanderung, Asylbewerber, generell die Flüchtlingsproblematik. Schlussendlich geht es aber um ein zutiefst menschliches Gefühl, unabhängig von Kriegstraumata, kultureller Herkunft oder persönlichem Wohlstand: die pure Eifersucht.

Die Schlusspointe:

Ist nicht besonders originell, passt aber zu diesem klassischen Polizeiruf. "Wenn die sich mal alle früher die Wahrheit gesagt hätten, dann hätten die eine glückliche Familie werden können", resümiert Lenski. "Hm, oder auch nicht", widerspricht Raczek. Und bittet seine Kollegin, den offiziellen Tatbericht ein bisschen zu frisieren. Aus den beiden kann noch einiges werden.

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