"Tatort"-Rolle für Nora Tschirner:Auch einfach mal "Nö"

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Nora Tschirner weiß, was sie tut, sie macht einfach, und sie macht viel. Nun also "Tatort". Dabei unterscheidet sie sich jederzeit und angenehm von all den Gesichtsvermietern, die alles tun würden, um ins Fernsehen zu kommen.

Hans Hoff

Nora Tschirner 2009 in Hamburg - nun also "Tatort" (Foto: Getty Images)

"Nö", sagt Nora Tschirner, wenn ein Thema ihr nicht passt. Einfach "Nö". Sie kann das so lapidar und entschieden sagen, dass selbst einem Fernsehprofi wie Harald Schmidt keine Gegenwehr mehr einfiel, als sie 2009 in seiner Show zu Gast war. Einem wie Schmidt so in die Parade zu fahren, dazu gehört etwas. Das wagen nicht viele.

Tschirner kann das, und sie macht es, das hat sie mehrfach bewiesen. Die 31-jährige Berlinerin, die nun als neue Weimarer "Tatort"-Kommissarin ausersehen ist, strahlt im Fernsehen eine Sicherheit aus, die in einem sehr besonderen Verhältnis steht zu ihrem mädchenhaften Aussehen. Sie weiß, dass man dem Zuschauer eine Show schuldig ist, und die liefert sie. Dabei positioniert sie sich auch schon mal als intellektuelle Göre vom Dienst.

Sie unterscheidet sich aber jederzeit von all den Gesichtsvermietern, die alles tun würden, um ins Fernsehen zu kommen. Tschirner signalisiert sehr deutlich, dass sie genau weiß, was sie verantworten kann. Sie steht damit auch stellvertretend für eine selbstbewusste Generation von jungen Schauspielern, die nicht erst warten wollen, bis die alten Recken freiwillig ihre Plätze räumen. Tschirner macht einfach, und sie macht viel.

Sie gilt weiterhin als unangepasst

Vor zehn Jahren war sie erstmals in der ARD-Serie "Sternenfänger" auf dem Fernsehbildschirm zu sehen und hat sich seitdem zu einer sehr eigenen, aber vielseitigen Marke entwickelt. Wo Tschirner draufsteht, kann so manches drin sein. Sie hat in dem immerhin für einen Grimme-Preis nominierten Science-Fiction-Projekt "Ijon Tichy: Raumpilot" dem ZDF-Spätprogramm eine abgedrehte Note verliehen, gleichzeitig aber auch bei RTL in der Erfolgsserie "Doctor's Diary" mitgemischt.

Die meisten Menschen dürften sie indes als Schwarm von Til Schweiger in dessen Kinofilmen "Keinohrhasen" und "Zweiohrküken" kennen. Für beide Filme musste Schweiger bei allem kommerziellen Erfolg viel Kritik einstecken: Zu kalkuliert seien die Filme, zu glatt. Cineastischer Mainstream eben. Kurioserweise hat nichts davon auf Tschirner abgefärbt. Sie gilt weiterhin als unangepasst und kann sich aussuchen, mit wem sie drehen mag.

Dass sie nun gemeinsam mit Christian Ulmen im "Tatort" ermitteln soll, ist kein Zufall, die beiden haben schon mehrfach zusammengearbeitet. In der Comedyserie "Ulmens Auftrag" gelangen ihnen im Jahr 2004 bemerkenswerte Momente beim damals noch als Musiksender firmierenden Spartenkanal MTV. Ulmen ist im Kino sehr erfolgreich, aber daneben vor allem im Netz und im televisionären Abseits beim Sender Tele 5 zu sehen. Für ihn bedeutet das "Tatort"-Projekt eine Adelung, die vielleicht auch mit mehr Fernsehpräsenz einhergehen könnte - verdient wäre das.

Nora Tschirner braucht keine solche Adelung mehr. Sie weiß, was sie tut. Und sie weiß, wann Verweigerung die einzig angebrachte Reaktion ist. Dann sagt sie einfach wieder "Nö".

© SZ vom 25.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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