Adels-Experte im Interview:Pferdchen fürs Volk

Lesezeit: 4 min

Was die Queen tragen wird, warum Ernst August nicht eingeladen ist und was es mit königlichen Nuggets auf sich hat. Adels-Experte Rolf Seelmann-Eggebert über die Traumhochzeit.

Mirjam Hauck

Rolf Seelmann-Eggebert sammelte seine erste Adelserfahrung 1978 als Leiter des ARD-Büros in London: Von dort berichtete er über Charles' 30. Geburtstag. Seit dieser Zeit ist er auf der ARD als Adels-Experte präsent, sei es als Autor der Fernsehreihe "Königshäuser" oder bei der jährlichen Übertragung der Geburtstagsparade der Queen. Zur Hochzeit von Prinz William und Kate ist er selbstverständlich wieder vor Ort für die ARD im Einsatz.

Adelsexperte Rolf Seelmann-Eggebert (Foto: dpa)

sueddeutsche.de: Für das Brautpaar sind die Regeln klar: Am 29. April um elf Uhr in Westminster Abbey trägt Kate ein weißes Kleid und William Uniform. Aber was zieht die adlige und bürgerliche Verwandtschaft an?

Rolf Seelmann-Eggebert: Das steht zumindest für die Männer ganz genau auf der Einladung. Erwünscht ist das Erscheinen in Uniform, Morning Coat oder Lounge Suit, also in Uniform, Gehrock oder im Anzug und nicht im Frack. Mit der Etikette vertraute Damen wissen bei dieser Anweisung sofort Bescheid, was sie tragen sollten. Und zwar eher ein Cocktailkleid als die lange Abendrobe, sozusagen das kleine Schwarze und nicht das große Schwarze.

sueddeutsche.de: Nun ist aber schwarz ist bei Hochzeiten verpönt, genauso wie weiß. Welche Farbe wählt der Gast am besten?

Seelmann-Eggebert: Die großen Leuchtfarben sollten der Queen vorbehalten sein, also sollte man als Gast eher eine gedeckte Farbe wählen. Im Fokus stehen schließlich das Brautpaar und die königliche Familie. Aber eine gewisse Extravaganz kann der weibliche Gast mit seiner Kopfbedeckung zeigen. Da ist vom kleinsten Federgesteck, das mit dem Haar verwoben ist, bis zum Sombrero wie ihn Queen Mum gerne als Südwester trug, alles möglich.

sueddeutsche.de: Die Sicherheitsvorkehrungen sollen sehr engmaschig und umfassend sein. Muss sich die Queen auf eine Leibesvisitation am Eingang der Westminster Abbey gefasst machen?

Seelmann-Eggebert: Soweit werden die Sicherheitsleute sicher nicht gehen. Ich nehme an, dass die königliche Familie ihren Gästen Ordonanz-Offiziere zur Seite stellt. So werden Gäste auffallen, die diese Begleitung nicht haben. Auf den Dächern gegenüber der Westminster Abbey werden wohl Scharfschützen postiert sein und jede Menge Zivilpolizei wird sich unter das feiernde Volk mischen. Den Hochzeitszug durch London begleiten Leibregimente der Royals zu Fuß sowie die königliche Kavallerie.

sueddeutsche.de: Kann das Volk vor lauter Soldaten überhaupt noch einen Blick auf das Brautpaar erhaschen?

Seelmann-Eggebert: Die Pferdchen der Kavallerie sind doch auch schön anzuschauen. In der Tat gibt es für das Volk weniger zu sehen als noch bei der Trauung von Charles und Diana. So fahren die Braut und ihr Vater nicht in einer offenen Kutsche, sondern im Rolls-Royce zur Kirche.

sueddeutsche.de: Kate und William haben 1900 Einladungen verschickt. Kates Postbote, der Metzger und ein Pub-Besitzer aus ihrem Heimatort sollen eine erhalten haben, nicht dagegen Williams Tante Sarah Ferguson. Eine gute Idee?

Seelmann-Eggebert: Dass Postbote und Metzger eine Einladung bekommen haben, finde ich richtig. Das kommt von Kate, das ist der bürgerliche Aspekt der Hochzeit. Weniger gut finde ich, dass Sarah Ferguson nicht eingeladen ist. Bei solchen Festivitäten sollte man Streitigkeiten ruhen lassen und bedenken, dass Diana lange Zeit sehr gut mit ihrer Schwägerin befreundet war.

sueddeutsche.de: Wird die deutsche Verwandtschaft anwesend sein? Ernst August von Hannover darf sich immerhin "Prinz von Großbritannien" nennen.

Seelmann-Eggebert: Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ernst August von Hannover eingeladen ist. Er stand zwar auf der britischen Thronfolgerliste, wurde dann aber nach seiner Hochzeit mit einer Katholikin, Caroline von Monaco, gestrichen. Das royale deutsch-britische Verhältnis ist seit langer Zeit eher trist. Nach dem Ersten Weltkrieg haben die Windsors ihre Kontakte zu den ehemals regierenden deutschen Häusern nicht wiederbelebt. Nur über die vier älteren Schwestern von Philip, die alle mit deutschen Fürsten verheiratet waren, pflegen die Royals Beziehungen zum deutschen Adel.

sueddeutsche.de: Kate ist eine Bürgerliche und ihre Vorfahren kommen teilweise aus der Working Class, waren Bergarbeiter in den Kohleminen Nordenglands. Wird Englands Upper Class sie akzeptieren?

Seelmann-Eggebert: Das spielt für sie keine Rolle. Die Upper Class und das Königshaus sind einander in freundschaftlichen Beziehungen verbunden, was den Hochadel aber nicht davon abhält, ebenso freundschaftliche Beziehungen mit Bürgerlichen einzugehen. Inzwischen ist es fast schon so, dass man sich schämen muss, wenn man keine Bürgerliche oder keinen Bürgerlichen ehelicht. Nur der belgische Kronprinz hat eine, übrigens sehr nette, Gräfin geheiratet.

sueddeutsche.de: Aber ganz lassen kann es der Adel wohl nicht: Als Zeichen für seine Upper-Class Zugehörigkeit wird William keinen Ehering tragen.

Seelmann-Eggebert: Ach, das ist so eine Marotte, die die Engländer haben.

sueddeutsche.de: Statt Geschenke erbeten sich Kate und William Spenden für Hilfsorganisationen. Bekommen sie gar nichts geschenkt?

Seelmann-Eggebert: Es hat Tradition, dass verschiedene Sozialfonds ausgewählt werden. Aber auf Geschenke müssen die beiden dennoch nicht verzichten. Die Queen spendiert zum Beispiel das Gold für Kates Ehering. Dafür lässt sie eines der königlichen Nuggets aus walisischem Edelmetall einschmelzen.

Hochzeit Kate und William
:Kitsch as kitsch can

Das Brautpaar als Pop-Art, Muffin oder Mauerbild: Dem schlechten Geschmack sind keine Grenzen gesetzt. Die bizarrsten Devotionalien zu William und Kate.

Bildern.

sueddeutsche.de: Zum Hochzeitsbankett der jetzigen Queen gab es Eisbombe als Nachtisch. Womit dürfen die Gäste von Kate und William rechnen?

Gästeliste von William & Kate
:Tickets, please!

Skandalnudel "Fergie" und Prinz Ernst August von Hannover haben keine Hochzeitseinladung bekommen. Andere Promis - darunter ein deutscher Fürst - dürfen sich dagegen freuen: Sie sind live dabei beim Jawort des Jahres.

in Bildern.

Seelmann-Eggebert: Wer nachmittags zum Empfang der Queen geladen ist, bekommt wohl das, was man neudeutsch Fingerfood nennt. Bei 600 Gästen ist auch gar nichts anderes als ein Stehempfang möglich. Auf den Gartenpartys der Queen, auf denen ich war, wurden immer Gurkensandwiches gereicht, und diese waren von ausgezeichneter Qualität.

sueddeutsche.de: Wer wird alles für die Unterhaltung der Gäste sorgen und eine launige Rede halten?

Seelmann-Eggebert: Sicherlich der Brautvater. Aber weitaus gefürchteter ist die Rede das Trauzeugens Prinz Harry. Gerüchteweise soll er über das lichter werdende Haar seines Bruders sprechen.

sueddeutsche.de: Auch der Großvater des Bräutigams, Prinz Philip, ist berüchtigt für seine Reden. Wird er auch das Wort ergreifen?

Seelmann-Eggebert: Selbst wenn er wollte, würde die Queen wohl eingreifen und zu ihm sagen, Philip, lass mal gut sein.

sueddeutsche.de: Kate und William fahren nach der Trauung in einer Kutsche durch London, in der schon Charles und Diana an ihrem Hochzeitstag fuhren. Ein gutes Omen?

Seelmann-Eggebert: Die beiden Hochzeiten lassen sich nicht vergleichen. Diana und Charles haben bis zur Verlobung gerade mal 21 Tage miteinander verbracht, Kate und William führen seit acht Jahren eine Beziehung. Damals war es ein Märchen, in diesem Fall ist es sehr, sehr bürgerlich.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Hochzeit im Hause Windsor
:Ein Kleid für Kate

Wie soll sie aussehen, die Hochzeitsrobe der zukünftigen Catherine Windsor? Wir haben fünf deutsche Designer um einen Vorschlag gebeten.

Skizzen

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: