Kinderarmut in Deutschland:Wenn die Kleinen hartzen gehen

Die gute Nachricht ist: Die Kinderarmut nimmt hierzulande langsam ab. Doch die Analyse der Agentur für Arbeit mag über das Hauptproblem hinwegtäuschen. Noch immer ist das Risiko, arm zu werden, hoch, und fehlende Betreuungsplätze tun ein Übriges. Den Krippenausbau sollten Bund und Länder schleunigst vorantreiben.

Thomas Öchsner

Kinder, die in Armut leben, gibt es nicht nur in Afrika, sondern auch im reichen Deutschland. Aber, und das lässt sich jetzt mit einiger Gewissheit sagen: Die Kinderarmut nimmt zumindest langsam ab.

In Deutschland sind noch unterdurchschnittlich wenig Kinder arm. Doch viele sagen auch hierzulande, da die Eltern in Hartz IV leben, früh: "Wir gehen hartzen." (Foto: Christian Hager/dpa)

Die sinkenden Zahlen der Kinder in Hartz-IV-Haushalten bestätigen, was bereits im Mai 2011 Schlagzeilen machte: Verglichen mit anderen Industrienationen sind hierzulande unterdurchschnittlich wenig Kinder arm. Am Hauptproblem hat sich jedoch nur wenig geändert: Armut wird nach wie vor in zu vielen Familien weitervererbt. Die Eltern leben in Hartz IV, und die Kinder sagen früh zu Recht: "Wir gehen hartzen."

Das Risiko arm zu werden, ist für Arbeitslose und für Eltern mit (vielen) Kindern besonders hoch. Da die Zahl der Erwerbslosen gefallen ist, sinkt die Zahl der Kinder in Hartz IV. Das deutsche "Jobwunder" erreicht allerdings Hunderttausende Familien nicht. Bestimmte Viertel etlicher Großstädte werden mehr und mehr zum Sammelbecken von sozial schwachen Haushalten, die kaum Chancen haben, aus dem Hartz-IV-Milieu herauszukommen.

Nicht nur auf dem Papier

Immer noch ist es auch oft schwierig, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Fehlen Kinderbetreuungsplätze und verlangen Firmen grenzenlose zeitliche und räumliche Mobilität, haben es gerade Alleinerziehende schwer, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Wenn Bund und Länder Kinderarmut bekämpfen wollen, sollten sie deshalb schleunigst dafür sorgen, dass der geplante Krippenausbau wirklich stattfindet und nicht auf dem Papier bleibt.

Die Ministerinnen Ursula von der Leyen und Kristina Schröder haben zuletzt oft gegeneinander gefochten. Die Kinderarmut ist ein Thema, das sie gemeinsam angehen könnten.

© SZ vom 26.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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