Familientrio:Was tun, wenn der Sohn die Katze quält?

Der Siebenjährige lässt seinen Frust an dem Haustier aus. Ist die Drohung, ihm die Katze wegzunehmen sinnvoll? Drei Experten antworten.

Die Frage

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(Foto: imago/Science Photo Library)

Unser siebenjähriger Sohn lässt seinen Ärger gern an unserer Katze aus. Er zieht sie am Schwanz und hat neulich auch mal mit dem Fuß nach ihr getreten. Ich drohe dann immer wieder damit, sie wegzugeben, wenn er damit nicht endlich aufhört. Ergibt so eine Drohung überhaupt Sinn? Regina D., München Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de

Kirsten Boie

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(Foto: Christian Charisius/dpa)

Da Ihr Sohn inzwischen weiß, dass Sie die Drohung nicht wahrmachen: nein. Das hat er ja nun schon oft erlebt. Drohungen, die man nicht umsetzt, sollte man immer vermeiden, sie führen sonst schnell zu einem Machtkampf. Außerdem stellt sich die Frage, ob der Verlust der Katze ihm überhaupt etwas ausmachen würde, er scheint sie nicht sehr zu lieben. (Ich gehe davon aus, dass er bei Ihnen keine körperlichen Bestrafungen kennengelernt hat und dieses Verhalten jetzt nicht imitiert.) Viel wichtiger ist in meinen Augen aber, dass sein fast schon tierquälerisches und auch darüber hinaus problematisches Verhalten nach Konsequenzen verlangt. Es kann nicht sein, dass er denkt: Ich bin stärker als du, also lasse ich meine Wut an dir aus, auch wenn du gar nicht schuld bist! Sie sollten deshalb nicht nur drohen und reden, sondern ihm auch klar zeigen, dass sie ein solches Verhalten nicht tolerieren. Kirsten Boie ist Schriftstellerin und Autorin von mehr als hundert Kinder- und Jugend- büchern, darunter die allseits bekannten und geliebten Geschichten "aus dem Möwenweg" oder die Abenteuer des kleinen "Ritter Trenk".

Jesper Juul

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(Foto: Anne Kring)

Nein, das ergibt keinen Sinn und es wird ihm auch nicht dabei helfen, seinen Frust in gesündere Bahnen zu lenken. Er muss wissen, dass es in Ordnung ist, auch mal wütend zu sein, und dass es in Ordnung ist, wenn er mal wütend ist. Aber ohne Ihre Akzeptanz und Ihre Unterstützung wird er sich Ihnen entziehen. Er weiß längst, dass es falsch ist, nach der Katze zu treten, und dass Sie das nicht mögen. Er weiß allerdings noch nicht, wie er sein Unwohlsein seinen Eltern anders mitteilen kann. Wenn es erneut zu diesem Verhalten kommt, sagen Sie ihm: "Wir wissen beide, dass ich nicht möchte, dass du anderen Lebewesen wehtust. Aber ich gehe davon aus, dass dich etwas ärgert, das mit der Katze gar nichts zu tun hat. Kannst du mir erklären, wer oder was das ist?" Er wird über die nächsten Monate nach neuen Wegen suchen, emotionalen und sozialen Stress abzubauen. Jesper Juul ist Familientherapeut in Dänemark und Autor zahlreicher internatio- naler Bestseller zum Thema Erziehung und Familie.

Collien Ulmen-Fernandes

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(Foto: Anatol Kotte)

Die Drohung ergibt schon Sinn und es ist richtig, dass die Katze in einem friedlichen Umfeld leben sollte. Wenn Ihr Sohn das nicht gewährleisten kann, muss das Tier eben woanders leben. Deshalb halte ich diesen Hinweis nicht mal für eine Drohung. Dass man ein Geschöpf, das kleiner und schwächer ist als man selbst, nicht körperlich angehen darf, gehört für mich zu den absoluten Grundlagen der Kindererziehung; da würde ich keine Kompromisse eingehen. Wie sollen die auch aussehen? Du darfst die Katze heute ein kleines bisschen am Schwanz ziehen? Vielleicht hilft es, Ihrem Sohn Folgendes zu erklären: Wenn du selbst eine Katze wärst, würdest du dich sicher auch fürchten vor einem Monster, das etwa fünfmal so groß ist wie du selbst. Dabei könnte dieses Monster ja auch friedlich sein, die Katze beschützen und ein Ritter sein statt ein Arschloch. Ansonsten, und da bin ich voll und ganz bei ihnen, muss die Katze an einen friedlicheren Ort gebracht werden. Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de

© SZ vom 03.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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