"Ich erbe." "Ich habe geerbt." "Ich werde erben." Das klingt so erhaben, vornehm, reich. Und fast immer denken die Leute, wenn sie davon hören, ans Geld. Deutschland streitet sehr gerne über Gerechtigkeit und die Erbschaftsteuer, über unverdienten Wohlstand und die Verantwortung von Eliten.
Meist wird dabei völlig vergessen, dass Erben und Vererben für viele nicht nur mit Finanzen zu hat, sondern mit Sachen - und zwar sehr vielen Sachen. Wenn die eigenen Eltern, Großeltern, Tanten und Onkel alt werden oder sterben, ist man plötzlich konfrontiert mit lauter Kuchenplatten, Büchern, Gemälden, Likörgläsern, Suppenterrinen, Kaffeegeschirr, Betttüchern, Kerzenhaltern. Dazu kommen, was die Sache noch schwieriger macht, auch diverse Möbel, die entweder klobig oder zerbrechlich sind: Truhen, Nähtischchen, Kommoden, antike Schränke und vieles mehr.
Wenn man sich heute umhört in der Erbengeneration, dann fällt eine dramatische Veränderung auf. All diese Erbstücke werden oft nicht mehr, wie es lange üblich war, als wertvoller Familienschatz gehegt und gepflegt. Aus der eifersüchtigen Frage "Wer kriegt was?" ist für viele Erben inzwischen eher die Frage geworden: "Wohin damit?"
Das ist erst einmal ein heikles, ein sehr persönliches Problem - man möchte ja den Älteren, die immer länger gesund bleiben und immer länger leben, nicht zu Lebzeiten direkt ins Gesicht sagen, dass man für ihre alten Sachen keinen Platz haben wird. Schließlich sind es Dinge, an denen Erinnerungen und Emotionen hängen. Aber das Phänomen ist längst nicht nur individuell: Antiquitätenhändler bestätigen, dass bloß noch ein paar Spitzenstücke Spitzenpreise bringen. Bei der breiten Masse von alten Möbeln und Hausrat hingegen gibt es einen starken Preisverfall. Ein bisschen "vintage" ist cool, antik aber nicht.
Sind wir undankbar geworden? Wie geht man mit diesem ganz besonderen Generationenkonflikt um? Und was sind die Gründe dafür? Darüber denkt unser Autor in einem Gesellschafts-Essay nach. Und die Geschichte fängt im Wohnzimmer seiner eigenen Eltern an.