Werbe-Video:David Hasselhoff singt im Glitzerkostüm "Guardians Inferno"

Lesezeit: 3 min

David Hasselhoff singt "Guardians Inferno" (Foto: Screenshot)

Wirkt auf den ersten Blick durchaus sehr witzig. Ist aber eigentlich ein Tiefpunkt der Popkultur.

Von Jakob Biazza

Grundsatzfrage: Wann ist Popkultur eigentlich am besten? Wenn sie politisch ist? Wenn sie die Zerrissenheit der menschlichen Seele in ein peinigend schönes Werk packt? Wenn sie die ganze Sinnlosigkeit des Daseins verdichtet? Oder wenn sie absolut sinnentleert - nachgerade dummdreist - keinen Deut mehr macht als: Spaß? Und sich also auf keinen Fall ernst nimmt.

Wer sich für Letzteres entscheidet: Schnell das Video "Guardinas Inferno" ansehen. Es wird gefallen. David Hasselhoff tanzt und sing-rappt darin in einem üppig mit Pailletten behangenen Glitzeranzug. In weiteren Rollen: Darsteller von "Guardians of the Galaxy Vol. 2". Der Schauspieler Chris Pratt robottet in einem silbernen Raumanzug herum (ästhetische Hausnummer: 3PO aus der Augsburger Puppenkiste). Zoe Saldana bläst in ein Waldhorn. Sie trägt dazu einen zitronengelben Jumpsuit, der ebenfalls Pailletten hat, aber weniger als der von Hasselhoff. Auch der Schauspieler-Schrägstrich-Wrestler-Schrägstrich-Bodybuilder David Bautista bläst in (dasselbe?) Waldhorn. Meistens gniedelt er aber unter viel Muskelpräsentation auf einer Gitarre herum.

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Dazu gibt es unter anderem: Regisseur James Gunn (Drums), Karen Gillan (Aerobic-Moves), Jimmy Kimmels Sidekick Guillermo Rodriguez (lässt sich einfach eher abstrakt wirken) und Comic-Legende Stan Lee (lässt sich eher konkret wirken). Das Video bewirbt die Heimkinovarianten des Films - DVDs, Blue Rays, dieser ganze Kram. Sie alle erscheinen dieser Tage.

Und man kann das an sich schon so machen. "Guardians of the Galaxy" ist ja ein Freudenfest an Pop-Zitaten. Und der eigens zu einem Video-Clip ausgebaute Schlusssong ist zudem absolut amtlich produziert. Er ist die wunderbarste, hirnfreieste Imitation dieses eh schon seltsam hirnfreien Zwischenreichs, in dem der Disco der 70er langsam in sein finales Glitter-Klischee der 80er zu kippen drohte - aber sich eben gerade noch taumelnd hielt. Die Drums zischeln, die Gitarren wieseln zickig herum, die Streicher verstreuen Goldstaub und die Tänzerinnen Lebenslust mit tiefem Ausschnitt.

Macht, weniger als einen Tag nach der Veröffentlichung: gut 1,8 Millionen Aufrufe bei Youtube. Mehr als 79 000 Menschen gefiel, was sie da hörten. Und sahen. Was zur nächsten Grundsatzfrage führt: Können so viele Menschen irren?

Das Problem: Ironie wird immer dort tragisch, wo sie alternativlos wirkt

Eine schwierige Frage. Ein "Ja" als Antwort führt schließlich direkt sehr nah an den Rand der Demokratie-Feindlichkeit. Deshalb vielleicht die abgeschwächte Variante: das "ausweichende Ja". Sie können sich vielleicht blenden lassen. Man sieht das schließlich an sich gerne: Menschen, zumal bekannte, die sich nach allen Regeln der Kunst, mit Anlauf, freihändig und ohne Sturzhelm zum absoluten Voll-Horst machen.

Und auf den ersten Blick gelingt das ja auch ganz wunderbar. Die Fallhöhe - (einstige) Groß-Stars klatschen auf das Niveau von Party-Keller-Kostüm-Fest hinab - ist deutlich genug, um einen Ironie-Impuls zu wecken. Das hat schon Kraft. Und außerdem natürlich mit The Hoff, dem Mann, der Ironie und Selbstdemontage inzwischen zum (künstlerischen) Konzept ausgebaut hat.

Aber genau da beginnt eben das Problem: Ironie wird ja immer dort tragisch, wo sie alternativlos wirkt. Denn was bleibt, wenn man sich nur noch selbst demontieren kann, statt aus sich heraus Neues zu erschaffen? Wenn die ausgestellte Lächerlichkeit das einzige herausstechende Merkmal ist?

Oder anders gefragt: Wann ist Popkultur eigentlich am schlechtesten? Wenn sie absolut sinnentleert - nachgerade dummdreist - keinen Deut mehr macht als: Spaß? Auf keinen Fall! Wohl aber, wenn sie sich darin nicht ernst nimmt. Wenn die ausgestellte Lächerlichkeit das einzige herausstechende Merkmal bleibt - und darin mangels einer echten Idee auch noch alternativlos wirkt. Humor ist schließlich eine toternste Sache.

Am Ende des Clips wird hinter die Kamera gezoomt. Ein Regisseur weist die Schauspieler an, die letzte Pose noch etwas zu halten. "Hold it" sagt er. Immer wieder "Hold it". Zusammen mit den Bildern wirkt es, als würde er sagen: "Haltet es noch ein bisschen aus. Gleich ist es vorbei." Der 3PO aus der Augsburger Puppenkiste nimmt den Helm ab, grimassiert und verbeugt sich stolz. Dann wird endlich die Werbung für die DVDs eingespielt.

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