Salzburger Festspiele:Türken vor Salzburg

Lesezeit: 2 min

Küss die Hand, Herr Kocabiyik: Ein Istanbuler Unternehmer mit großer Begeisterung für Mozart und Beethoven ist der erste Mäzen vom Bosporus, der sich als Sponsor der Salzburger Festspiele engagiert.

Christiane Schlötzer

Charmant sei dieser Mann, schwärmt die Pressedame der Salzburger Festspiele, "ein angenehmer Zeitgenosse". Weil die Dame Österreicherin ist, kann man sich gleich noch ein "Küss die Hand" für Ahmet Kocabiyik dazudenken. Mit der Aussprache des türkischen Namens haben sie in Salzburg noch ein wenig Schwierigkeiten, aber schließlich ist der Unternehmer auch der erste Mäzen vom Bosporus, der sich aus Begeisterung für Mozart und Beethoven als Sponsor der Salzburger Festspiele engagiert.

Das Konzert seines Philharmonieorchesters am Sonntag in Salzburg ist nur ein Auftakt. Von 2011 bis 2013 will der türkische Tycoon Kocabiyik als sogenannter Projektsponsor die Salzburger Festspiele unterstützen. (Foto: ddp)

In der Felsenreitschule wird er am Sonntag dabei sein, wenn sein Orchester, das Borusan Istanbul Filarmoni Orkestrasi, bei der Festspieleröffnung "einen Gruß aus Istanbul" überbringt. Der Unternehmer produziert im Hauptberuf Stahl, ist im Energiegeschäft engagiert und importiert exklusiv Autos von BMW in die Türkei. Die Geschäfte gehen gut. Kocabiyiks Familienholding ist stolz auf einen Jahresumsatz von rund drei Milliarden Euro.

Engagement gehört zum guten Ton

Zum guten Ton in der Türkei gehört für erfolgreiche Unternehmer inzwischen der soziale und kulturelle Einsatz. Istanbul verdankt der neuen Großzügigkeit mehrere spektakuläre Museen. Ahmet Kocabiyik aber hat sich neben der modernen Kunst noch der klassischen Musik verschrieben und ist bislang der einzige türkische Tycoon, der sich ein eigenes Philharmonieorchester leistet. 2009 verpflichtete er für den Klangkörper, der heißt wie seine Holding, den dynamischen Österreicher Sascha Goetzel. Der Dirigent mit schwarzer Lockenmähne könnte auch als Türkenspross durchgehen. Als Übungsraum kann der 39-Jährige eine Halle über der BMW-Vertretung der Firma in Istanbul nutzen.

Das Konzert am Sonntag in Salzburg ist nur ein Auftakt. Von 2011 bis 2013 will Kocabiyik als sogenannter Projektsponsor die Salzburger Festspiele unterstützen. Wie viel der Unternehmer, der zum dunklen Anzug einen Edelstein im linken Ohr trägt, dafür springen lässt, wird nicht verraten. Die Wiener Wissenschaftsministerin Beatrix Karl wird ihm jedenfalls gleich nach dem Konzert in Salzburg das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst verleihen, weil Kocabiyik auch für Ausgrabungen im türkischen Ephesus, die unter österreichischer Leitung stehen, tief in die Tasche gegriffen hat.

Mit Mozartkugeln nach Istanbul

Für klassische Musik begeisterte sich in der Türkei bereits Staatsgründer Kemal Atatürk. Doch da ging es mehr um Politik als um Dur und Moll: Die Türken sollten den Westen mit allen Sinnen aufnehmen, auch mit den Ohren. So wünschte sich das der Gründer der modernen Türkei schon 1923. Inzwischen kann die Republik auf renommierte Künstler verweisen, die als Klassik-Interpreten Weltkarriere gemacht haben. Der Pianist Fazil Say aus Ankara gastierte bereits von New York bis München, für Salzburg hat er nun ein neues eigenes Solo-Werk komponiert. Danach spielt das Borusan-Ensemble Mozart und Paul Hindemith. Der Komponist Hindemith lebte selbst einst einige Jahre in der Türkei. Ankara hatte den Deutschen eingeladen, als in Berlin die Nazis seine Musik verhöhnten.

Nun träumt Kocabiyik davon, dass sein Orchester aus Istanbul irgendwann auf europäischer Bühne mitspielen möge, wie auch sein Land im Konzert der europäischen Nationen. In Salzburg sind sie froh über den neuen Sponsor. Festspielchefin Helga Rabl-Stadler war Anfang des Jahres selbst an den Bosporus gereist, um den Borusan-Chef für das Engagement zu gewinnen. Mozartkugeln hatte sie auch dabei.

© SZ vom 02.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: