Neuer Museumskomplex in Köln:Schön ist anders

Lesezeit: 3 min

Die Kölner hatten schon fast vergessen, dass da ein Museum gebaut wird: Nach achtjähriger Bauzeit soll bald der neue Museumskomplex eröffnet werden - ein gediegener Zweckbau.

Catrin Lorch

Wenn etwas schon zu lange dauert, dann kann man das Ende des Wartens als frohe Botschaft verkünden: Kölns Kulturdezernent Georg Quander hat vergangene Woche den 22. Oktober als Tag der Eröffnung des Museumskomplexes genannt, an dem, unweit des zentralen Neumarkts seit acht Jahren gebaut wird und in dem sich derzeit das Rautenstrauch-Joest-Museum und das Schnütgen-Museum, ein Junior-Museum und die Volkshochschule einrichten.

Der Neubau von der Cäcilienstraße aus: ein gediegener Zweckbau. Wuchtig ragt er in die Eiszeit einer verarmten Kulturlandschaft. (Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln)

Es ist eine gute Nachricht - obwohl viele Bürger über der langen Bauzeit schon fast vergessen hatten, dass da ein neues Museum emporwächst: Die fast einhundert Meter lange Baulücke wirkt seit Monaten eher geschlossen denn gestaltet. Hohe glatte Mauern ragen entlang der Cäcilienstaße auf, eine mit gebrannten Ziegeln verkleidete Stahlbeton-Konstruktion wird unterbrochen von vertikalen Glasriegeln, unter dem breitesten liegt der Eingang; zwei mit Milchglas verkleidete Kuben verbinden den Bau mit dem Schnütgen-Museum für mittelalterliche Kunst - dem Passanten erschließt sich das Gewürfel nicht unbedingt als Einheit.

Mangelnde Attraktivität

Es erstaunt, dass dennoch verzichtet wurde, sich der Stadt als Areal zu öffnen, dort, wo vormals ein Kulturforum um die Haubrich-Kunsthalle stand, das sich für alle erreichbar zeigte. Doch auch der neue Bau lege die Schwelle niedrig, sagt Jutta Engelhard, die stellvertretende Direktorin des Rautenstrauch-Joest-Museums, schließlich führten die dunkelgrauen Gehwegplatten vom Bügersteig aus fugenlos direkt ins Foyer, wo sich eine 21 Meter hohe, gläserne Halle zwischen Verwaltungstrakts und Museums-Riegel schiebt.

Wer eintritt, wird dort auf zwei ältere Architekturen stoßen: Hinter den Seitenfenstern liegt die im Jahr 1160 entstandene Westfassade der Kirche St. Cäcilia, rechts, mitten in der Halle, thront ein Reisspeicher von der indonesischen Insel Sulawesi, elf Meter lang, mehr als sieben Meter hoch. Die exotische Anmutung des kleinen Speichers und die romanische Kirchenfassade ergänzen sich zum Bild, ersetzen die mangelnde Attraktivität der zeitgenössischen Architektur, die hier in langweiliger Düsternis aus Klinker und tiefbraunem Holz ausläuft. Auch die schmuck- und einfallslose Fassade verfügt erst über einen Blickfang, seit ein Trobriand-Yamspeicher wie ein gigantischer Lampion hinter dem großen Fenster hängt, das im rechten Block über mehrere Etagen die Wand aufreißt.

Köln soll sich auf einen gediegenen Zweckbau freuen - das ist nicht aufregend in einer Zeit, die Museen als die öffentliche Bau-Aufgabe schlechthin begreift. Gerade die Domstadt hat so elegante Beispiele wie das von Peter Zumthor geplante Kolumba-Museum zu bieten, während in Paris Star-Architekt Jean Nouvel mit dem Musée Quai Branly beweist, dass man, wenn nur das Museum aufregend genug ist, auch für ethnologische Exponate Massen begeistern kann.

Viele Bedürfnisse

Nun galt es im Kölner Stadtzentrum, viele Bedürfnisse unter ein Dach zu bringen. Das Rautenstrauch-Joest-Museum, das seit dem Jahr 1905 am Ubierring in der Nähe des Rheins in einem historisierenden Prachtbau residierte, den der Kölner Kaufmann Eugen Rautenstrauch dort für die 3500 Mitbringsel seines Schwagers, dem Expeditionsreisenden Wilhelm Joest, gebaut hatte, war vom Hochwasser beschädigt worden; ein Neubau sollte auch das Forum der Volkshochschule beherbergen und das Schnütgen-Museum vergrößern.

Die Braunschweiger Architekten Uli Schneider und Heiner Sendelbach gewannen 1996 den Wettbewerb und das Großprojekt mit Baukosten von 61,3 Millionen Euro entstammt deswegen sichtbar den neunziger Jahren. Nun müssen die Direktoren der drei Häuser - auch ein Junior-Museum zieht mit einer der Kinderoper vergleichbaren kleinen Architektur und eigenem Programm dort ein - Sponsoren finden, sowohl für die Jubiläumsausstellung des Schnütgen-Museums als auch für ambitionierte Schauen wie "Leben und Kunst in den Städten Afrikas".

Der wuchtige Bau ragt in die Eiszeit einer verarmten Kulturlandschaft, deren Prestige-Wahn zuletzt durch die Vernunft der Bürger ausgebremst wurde: Der Neubau des Opernhauses wurde in Köln ausgesetzt wie der Abriss des Schauspielhauses. Die Bürger sind nicht länger bereit, teure Neubauten zu finanzieren, wo die Etats für Ausstellungen, Ankäufe und Theaterproduktionen heruntergefahren werden und sogar die Kunst- und Museumsbibliothek dem Sparwillen geopfert werden soll. Pikanterweise hatte sich am Abriss des alten Kulturforums der Widerstand der Szene erstmals formuliert, Künstler und Kulturschaffende hatten für dessen Erhalt gekämpft, die offene Baugrube wurde als "das Loch" zum Symbol.

Dennoch: Vor allem die beiden großen Museen können nun wieder ambitioniert arbeiten. Es gibt ausreichend Depot-Flächen, Restaurierungswerkstätten, eine gemeinsame Bibliothek. Das Rautenstrauch-Joest-Museum, dem inzwischen 65000 Objekte gehören, kann sich auf 3600 Quadratmetern präsentieren, wobei die Ausstellung "Der Mensch und seine Welten" mit allen Konventionen des Fachs bricht und die Schätze nicht nach Regionen, sondern nach zwölf Themenschwerpunkten ordnet. Das Schnütgen-Museum ist stiller Gewinner des Umbaus: Eigentlich wurde es nur um zwei opak verglaste Kuben ergänzt, kann aber schon im durchlichteten Verbindungsgang und dem kleinen Anbau Steinskulpturen und Buntglasfenster in seltener Schönheit präsentieren.

Es könnte sein, dass der Riesenkomplex an der Kirche zu seinem schönsten Finale findet, wo Direktorin Dagmar Täube einen von Hecken eingefassten Garten anlegen wird, in dem mittelalterliche Kräuter, Blumen und Arznei-Pflanzen blühen, die so sprechende Namen tragen wie Maßliebchen.

© SZ vom 21.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: