Konzert:Sahne für die Ohren

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Maite Kelly war in den Neunzigerjahren mit der "Kelly Family" und Folk erfolgreich. Nun hat sie ihr Glück im Schlager gefunden

Von Christiane Lutz

Der Beat war wieder mal Schuld. Der stampfende Beat, mit dem Maite Kelly singt: "Und wenn ich fall, egal, so ist das Leben. Ich versuch's nochmal, hab sieben Leben für dich." Diesen brachialen Beat nämlich, den hat die Musikerin immer schon geliebt, sich aber lange nicht dazu bekennen wollen. Als Mitglied der Kelly Family trat Maite Kelly in den Neunzigerjahren mit modisch eher fragwürdigen Walla-Gewändern und Gitarre auf. Der Folk war das Genre, das die erfolgreiche Band ausmachte, das Handgemachte, wie man es zu dem von Plastik und Künstlichkeit dominierten Jahrzehnt in der Musik selten fand. "Beats bei der Kelly Family gab es nicht", sagt eine strahlend herausgeputzte Maite Kelly in einem Münchner Café. "Ich liebe die Folklore, bin aber immer schon sehr groovy gewesen. Unter dem langen Rock steckte immer eine Donna Summer, eine Beyoncé." Lange dauerte es, bis sich die Donna Summer den Weg nach draußen boxen konnte. Im Oktober aber wurde Maite Kellys Schlager-Album "Sieben Leben für dich" mit Platin ausgezeichnet.

"Es hat sich wie ein Outing angefühlt", beschreibt Kelly den Moment, als sie den Schlager für sich entdeckte. Die Direktheit des Genres, das Spielerische, die einfachen Bilder in klaren Sätzen und natürlich der Beat, das hat sie gekriegt. Von klein an stand Kelly, heute 37, mit ihrer Familie auf der Bühne der großen Unterhaltungsshows der Achtziger. Die kleine Maite saß bei Mireille Mathieu auf dem Schoß und beobachtete den grummeligen Serge Gainsbourg und die Sängerin Jule Neigel, hörte deren Songs. Diese Künstler konnten die Menschen erreichen mit ihrer Musik und ihren Texten. Das ist, heruntergebrochen, auch das, was Kelly will.

Vom Folk zum Schlager: Maite Kelly glaubt ihren Weg im Musikgeschäft gefunden zu haben. (Foto: Christian Barz)

Der Schlager lebt auch von seiner Einfachheit, seiner Zugänglichkeit. Manchmal, sagt Maite Kelly, sitze sie in ihrer Bäckerei und beobachte über Stunden die Bäckerin bei ihrer Arbeit. "Ich möchte die Menschen verstehen, die den Schlager brauchen, um zu überleben." Den Begriff Fans lehnt sie ab, weil er einen Unterschied schafft zwischen ihr und denen, die ihre Musik hören. "Wenn es um die Sehnsüchte der Menschen geht, um Ängste, um Schmerz, sind alle gleich. Man hat die Wahl, ein autistischer Künstler zu sein, der nicht gestört werden will, oder man entscheidet sich, sich mit den Menschen zu verbinden." Sie entscheidet sich für zweiteres. "Wir stecken da gemeinsam drin!" Wer die gleichen Probleme hat, kann auch gemeinsam Lösungen dafür finden. Die Tatsache, dass sie kürzlich die Trennung von ihrem Ehemann auf Facebook bekannt gab, macht sie dabei nur nahbarer. Wir stecken gemeinsam drin.

Das Konzept geht auf. Kommerziell ist Maite Kelly die erfolgreichste der einst neun musizierenden Geschwister. Gerade arbeitet sie an einem neuen Album. 20 Songs aus 50 Skizzen möchte sie produzieren und dann zehn auswählen. "Every Song a Diamond", sagt sie. "Wir machen keine Suppe, wir machen Fond! Hochkonzentrierte Musik! Gebt den Leuten die Sahne! Wer will schon laktosefreie Milch?" Für die vielen Essens-Metaphern will sie sich kurz entschuldigen, tut es dann doch nicht. So wie sie sich auch nicht mehr für den Schlager entschuldigt. Ist doch egal. Maite Kelly ist angekommen.

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Maite Kelly , Montag, 6. November, 20 Uhr, Herkulessaal, Residenzstraße 1

© SZ vom 04.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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