Interview mit US-Präsident:Wie Literatur Obama in seiner Amtszeit half

Interview mit US-Präsident: Barack Obama als nachdenklicher Präsident: Das Lesen half ihm, seine Zeit im Weißen Haus durchzustehen.

Barack Obama als nachdenklicher Präsident: Das Lesen half ihm, seine Zeit im Weißen Haus durchzustehen.

(Foto: The White House)

Der scheidende US-Präsident hat mit der Literaturkritikerin der "New York Times" gesprochen - herausgekommen ist aber viel mehr als ein Interview über Bücher.

Von Andrian Kreye

Selten gab es ein Interview, das einen so schmerzhaft daran erinnert, dass nun eine Ära zu Ende geht. Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit traf sich Barack Obama mit der Literaturkritikerin der New York Times, Michiko Kakutani, im Weißen Haus zu einem Gespräch über Literatur, das im Feuilleton der Mittwochsausgabe der Süddeutschen Zeitung auch in deutscher Übersetzung zu lesen ist.

Es wurde sehr viel mehr als ein Interview über Literatur. Vielmehr liest sich das nun wie das Psychogramm eines Mannes, der für eine Zeit stand, die tief in den Werten der Aufklärung und damit einer gemeinsamen transatlantischen Vergangenheit wurzelt.

"Als Kind liebte ich es, zu lesen"

Vielleicht würde einen das auch nicht so berühren, hätte man nicht gerade erst die kurzatmigen Ausführungen des gewählten Präsidenten Donald Trump in der Bild und der Londoner Times gelesen. Dieser Hyperpragmatismus eines Mannes, dem es um Deals geht, ums Zupacken und den Vorteil für sich und seine Nation, der nicht einmal die Akten liest, die er in seiner Position lesen sollte, wirkt geradezu brutal im Vergleich. Obama dagegen hat keine Scheu davor zu erzählen, wie er im Amt oft haderte. Und wie ihm die Literatur dann aus seinen Zweifeln heraushalf.

Das begann schon früh. Gleich zu Beginn erzählt Obama, wie er in Büchern eine Heimat fand: "Als Kind liebte ich es, zu lesen. Zum Teil, weil ich so viel unterwegs war. Es gab Zeiten, da war ich ein Außenseiter. Als ich nach Indonesien kam, war ich dieses große, dunkelhäutige Kind, das irgendwie auffiel. Als ich dann von Indonesien zurück nach Hawaii zog, hatte ich wahrscheinlich die Umgangsformen und Gewohnheiten eines indonesischen Kindes. Die Vorstellung also, dass es Welten gibt, die man mitnehmen kann, die einem selbst gehören, in die man einsteigen kann, fand ich aufregend."

Als Präsident dann half ihm das Lesen, seine Zeit im Weißen Haus durchzustehen. Gerade in Momenten der Krise: "Ich fand dann die Schriften von Lincoln, King, Gandhi, Mandela besonders hilfreich. Es ging um Beistand. In schwierigen Momenten ist man in diesem Job sehr allein. Also hüpft man durch die Geschichte auf der Suche nach Leuten, die sich ähnlich allein fühlten. Churchill ist auch ein guter Autor. Und ich las gern Teddy Roosevelt."

Es waren aber nicht nur die politischen Vorbilder, die ihm bei seiner Arbeit als Präsident der Vereinigten Staaten halfen. Immer wieder sei er zur Literatur zurückgekehrt. Auch weil sie ihm geholfen habe, die Menschen besser zu verstehen, die er ja letztlich vertreten sollte. Da waren die Romane von Junot Díaz und Jumpa Lahiri, die ihm die Sehnsüchte und Note der Einwanderer näher brachten. Oder die Bücher von Marilynne Robinson. Die spielen in Iowa, einem Bundesstaat im Herzland Amerikas, in dem er bei seinen Wahlkämpfen um die Bürger kämpfen musste. Und der ihn an das Kansas erinnerte, aus dem es seine Großeltern nach Hawaii zog, wo er geboren wurde.

Was von diesem Interview bleibt, ist jedoch kein Pessimismus. Dazu glaubt Barack Obama viel zu sehr an eine Zukunft, die ja auch seinen Töchtern gehört. Denen gibt er nun all die Bücher auf den Weg mit, die ihn in seiner Jugend geprägt haben. Und er hofft, dass die Literatur auch ihnen Perspektiven eröffnet, die auch sein Denken befreiten.

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