Humboldt-Forum:Was wird im Berliner Schloss zu sehen sein?

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Derzeit sieht es so aus, als könnte das Humboldt-Forum im Berliner Schloss 2019 eröffnet werden. (Foto: Getty Images)

Es ist das ehrgeizigste Kulturvorhaben der Republik: das Humboldt-Forum im Berliner Schloss. Jetzt beginnen die Dahlemer Museen mit dem Umzug dorthin. Doch entscheidende Fragen sind offen.

Von Jens Bisky, Berlin

Noch bis zum 10. Januar kann man in den Dahlemer Museen herumstreifen und fremde Welten entdecken. Dann, pünktlich am Montag in einer Woche, beginnen Rück- und Umbau, es wird verlagert, gesperrt, saniert.

Die Wandgemälde aus der Oasenstadt Turfan, die Höhlen der Seidenstraße, die elf Boote von Pazifik-Inseln, die Häuser aus der Südsee, die Ahnenpfähle aus Nordamerika und viele kleine und große Objekte mehr werden für Jahre unserem Blick entzogen. Das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst bereiten sich auf ihren Umzug in die Berliner Mitte vor. Ihre Sammlungen sollen dereinst im Schlossneubau präsentiert werden.

Da Depotflächen fehlen, da die Großobjekte rechtzeitig eingebaut werden müssen, werden einige der beliebtesten Bereiche der Dahlemer Museen schon in diesem Jahr geschlossen. Bis 2017 noch wird der Museumsbetrieb unter allerlei Einschränkungen aufrechterhalten, dann erfolgt der Umzug, und in Dahlem verbleibt allein das Museum Europäischer Kulturen.

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Manche Berliner trauern nun um vertraute Räume, lieb gewonnene Objekte, wer als Kind auf der Boots-Bühne herumgeklettert ist, wird es nicht vergessen. 2014 zählten die drei Dahlemer Museen 112 000 Besucher. 120 000 gingen im selben Jahr in die Humboldt-Box, in der doch vergleichsweise wenig geboten wird. Die Hoffnung, dass nach dem Umzug Boote, Wandmalereien, Masken und Stelen mehr Neugierige anziehen, scheint also gut begründet zu sein. Das Schloss konnte im vergangenen Jahr Richtfest feiern, derzeit wird es eingemauert; die Ziegelfassaden reichen an manchen Stellen schon bis zum zweiten Obergeschoss. Auf dieser Baustelle geht es zügig voran. Derzeit sieht es so aus, als könnte in der Tat 2019 das Humboldt-Forum eröffnet werden.

Vom Inhalt weiß man bislang nur, dass er etwas mit Weltoffenheit und Dialog zu tun haben soll

2019, das ist sehr bald. Bedenkt man den Stand der Planungen, erscheint die verbleibende Zeit knapp. Die Gründungsintendanz für das ehrgeizigste Kulturvorhaben der Republik beginnt in diesem Januar mit der Arbeit. Gewiss, die drei Oberherren des Forums, der Präsident der Preußenstiftung, Hermann Parzinger, der Kunsthistoriker Horst Bredekamp und der langjährige Direktor des Britischen Museums, Neil MacGregor, haben schon miteinander gesprochen, aber erst jetzt ist MacGregor seine Londoner Verpflichtungen los und kann sich der Berliner Aufgabe widmen. Bisher vermag auch er nur in bedeutend allgemeinen Sätzen anzudeuten, was im Humboldt-Forum geschehen soll.

Der Bund wird nun eine Betriebs-GmbH gründen, zuständig für Ausstellungen, Veranstaltungen, den "Inhalt", von dem man bislang vor allem weiß, dass er etwas mit Weltoffenheit und Dialog zu tun haben soll. Der kundige Direktor der Antiken-Sammlung, Alexander Scholl, wird die Intendanz mit einer Stabsstelle unterstützen. Für ein Vorhaben dieser Größe scheint die Struktur, scheint der institutionelle Rahmen noch immer viel zu luftig zu sein. Wer entscheidet letztlich? Reicht die Finanzierung?

Für ein Dach-Restaurant hat der Bund fünf Millionen Euro bewilligt, zehn Millionen für die mögliche, aber heftig umstrittene Verlegung des Neptunbrunnens an seinen ursprünglichen Standort vor dem Schloss. Das sind nette Kleinigkeiten von nachgeordneter Bedeutung. Die Brunnen-Millionen wären besser für die Stabsstelle, für die inhaltliche und organisatorische Vorbereitung auszugeben. Ganz zu schweigen davon, dass die Museen der Preußenstiftung zwar viel Geld fürs Bauen, aber zu wenig für den laufenden Betrieb erhalten.

Viel zu spät haben Bund und Land die Vorbereitungen professionalisiert

Die Stadt Berlin hat 2015 keck die Pläne für die ihr zustehenden Quadratmeter geändert. Um das eigene Metropolendasein, um Welt und Stadt und Berlin und - Überraschung! - Weltoffenheit und Dialog soll es nun gehen. Mit dem Konzept müsse man vorankommen, hat der Regierende Bürgermeister Michael Müller vor Kurzem erklärt. Aber der neue Direktor des Stadtmuseums, Paul Spies, von dem man sich Ideen erhofft, wird erst im Februar sein Amt antreten - und wohl einige Zeit zur Einarbeitung brauchen. Und mit einem Konzept dürfte es nicht getan sein.

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Viel zu spät haben Bund und Land begonnen, die Vorbereitung zu professionalisieren. Nun bleiben noch gut 36 Monate mit neuen Leuten in neuen Strukturen und mit vielen Unwägbarkeiten. Der meist gelassene Hermann Parzinger sprach Ende November von einer "gewissen Ungeduld".

2016 wird für das Humboldt-Forum das entscheidende Jahr. Die in den lange zurückliegenden Rekonstruktionsdebatten handstreichartig ersonnene Idee des Humboldt-Forums verträgt kaum Monate weiterer nichtssagender Versprechen und Verheißungen. Noch immer ist sie ein Zankapfel unter Kulturinteressierten, die Freude über ein Scheitern würde gewiss nicht klammheimlich sein. Dass die Chancen groß sind, die Neugier im Ausland auch nicht gering, hat man oft genug gehört. Die Stimmen derer, die im Umzug mehr sehen als das Verschwinden des Vertrauten, sind sehr leise geworden. Was aus den Museumsgebäuden in Dahlem werden soll, ist selbstredend auch noch ungewiss.

© SZ vom 04.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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