Hip-Hop:A scheene Leich

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Der Mundart-Rapper Grämsn denkt über die prekäre Situation von Musikern jenseits des Mainstreams nach und stellt sein zweites Album "Requiem" in der Milla vor

Von Martin Pfnür

Der Tod und die Kunst, das ist und bleibt eine fruchtbare Beziehung. Denn wo die Sache mit der Endlichkeit im Alltag meist ausgeblendet wird, bleibt selbige in der Musik, in der Literatur oder im Film so präsent wie eh und je. Wenn der niederbairische Mundart-Rapper Konstantin Gramalla alias Grämsn sein zweites Solo-Album mit dem lateinischen Ausdruck für eine Totenmesse überschreibt, stellt das also keine Außergewöhnlichkeit dar. Spannender fällt da die Umdeutung aus, die dem Sujet bei ihm zukommt. Ist der Tod, den Gramalla auf "Requiem" umkreist, doch weniger ein physischer als vielmehr ein drohender künstlerischer, der repräsentativ für die mitunter prekäre Situation eines Musikers im Nischen-Dasein jenseits des Mainstreams steht.

"Eigentlich gibt es ja nichts Schöneres als im Studio zu sein und auf der Bühne zu stehen", sagt Gramalla, der als Teil des vor Jahren aufgelösten Trios Doppel D zu den Pionieren des bairischen Raps zählt. "Trotzdem sind da viele Momente, in denen man sich denkt ,Wofür mache ich das eigentlich? Warum? Und für wen?' Diese Fragen haben mich und mein Umfeld in den letzten Jahren oft beschäftigt, vielleicht weil viele von uns mittlerweile Familien haben und die freie Zeit generell knapp ist." Es sind auch Gedankengänge wie diese, die in Stücken wie dem nachtschwarzen "Kaputt", in dem Gramalla mit Autotune-verfremdeter Stimme über zunehmenden Leistungsdruck und Deplatziertheitsgefühle sinniert, ebenso durchscheinen, wie in "A Scheene Leich", in dem er die bairische Redewendung für einen anekdotenreichen Leichenschmaus als Rekapitulation des eigenen musikalischen Wirkens interpretiert. Durchaus heiter übrigens. Bei aller Morbidität ist dieses Requiem immer wieder auch ein Hohelied auf das Leben. Auf den rauschhaften Überschwang der Jugendjahre ("High Of Live"), auf das warme Sicherheitsgefühl einer unverbrüchlichen Beziehung ("Hoam") oder auf das Glück der Vaterschaft ("Kilis Song").

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Bleibt zu hoffen, dass der kleine Hype um den bairischen Hip-Hop, den zuletzt etwa das Duo Dicht & Ergreifend aus dem Berliner Exil heraus befeuerte, nun auch dem wiedergekehrten Vorreiter Grämsn zugutekommt. Laut Sprichwort zumindest leben die Totgesagten ja gerne mal länger.

Grämsn, Samstag, 7. April, 20.30 Uhr, Milla, Holzstraße 28

© SZ vom 07.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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