Greta-Garbo-Doppelbiographie:Unzertrennlich in Hollywood

Greta Garbo kennt jeder. Salka Viertel kaum jemand. Dabei verband die beiden Frauen nicht nur eine große Karriere, sondern auch zeitweise ein erotisches Verhältnis. Nun wird die Geschichte der zwei Stars neu erzählt.

Sonja Asal

Der kürzeste Weg zu Greta Garbo, so wollten es spitze Zungen im Hollywood der dreißiger Jahre, führte über eine Frau, deren Name heute kaum noch bekannt ist: die Schauspielerin und Drehbuchautorin Salka Viertel. Beide verband fast fünfzig Jahre lang eine zwar vielfach unterbrochene, aber dennoch bis zum Schluss enge Freundschaft.

DIE GÖTTLICHE GARBO

Als sich Greta Garbo und Salka Viertel 1930 auf einer Party bei Ernst Lubitsch kennenlernten, war die Garbo bereits weltberühmt.

(Foto: OBS)

Als die beiden sich 1930 auf einer Party bei Ernst Lubitsch kennenlernten, war die Garbo bereits weltberühmt. Die sechzehn Jahre ältere Salka Viertel (geborene Steuermann) konnte zwar auf eine schauspielerische Laufbahn an vielen deutschsprachigen Bühnen zurückblicken, doch war ihr nie der Durchbruch gelungen. 1928 erreichte sie Hollywood gemeinsam mit ihrem Mann Berthold, dem als Regisseur und Dramaturg ebenfalls wenig Erfolg beschieden war und der hoffte, seine Finanzen mit Aufträgen aus der Filmindustrie sanieren zu können.

Wenn der Name Salka Viertels heute dennoch eine gewisse Bekanntheit hat, dann nicht im Zusammenhang mit der Garbo, sondern als eine zentrale Figur in der kalifornischen Exilantenszene.

Bei ihren opulenten Sonntagseinladungen versammelten sich Filmschaffende wie Intellektuelle. Bertolt Brecht und Heinrich Mann, Arnold Schönberg oder Carl Zuckmayer gaben sich in ihrem Haus in der Mabery Road, dem "polyglottesten, universellsten Heim in Hollywood", die Klinke in die Hand. Sie war nicht nur, wie einer ihrer Gäste es formulierte, "die unerreichte Meistergastgeberin" in der Filmstadt, sie wurde mit der zunehmend aussichtslos werdenden politischen Situation in Deutschland auch zur Anlaufstation vieler, und nicht nur der namhaften Emigranten, denen sie mit Geld oder praktischer Unterstützung half.

Nicole Nottelmanns Doppelbiographie fügt diesem bekannten Bild einen weiteren Aspekt hinzu. Und es ist gerade nicht der, den man aufgrund des Buchtitels erwarten würde, nämlich die Geschichte einer - in Momenten wohl auch erotisch - intimen Freundschaft. Vielmehr eröffnet das Buch einen detaillierten Blick hinter die Kulissen Hollywoods, auf das unerbittliche Geschäft der Filmproduktionen und auf einen Arbeitsmarkt, der zu dieser Zeit gerade auch Frauen neue berufliche Möglichkeiten und damit die Option auf neue Lebensstile erschloss.

"Ihr Narzissmus bringt mich auf die Palme"

So waren die Garbo und Salka Viertel von dem Moment an, als sie sich das erste Mal trafen, nicht nur unzertrennlich, sondern ihre Karrieren nahmen nun auch einen entscheidenden Dreh. Salka Viertel langweilte sich nach zwei Jahren in Kalifornien ohne ihren Beruf und hatte begonnen, erste kleine Filmrollen anzunehmen. Die Garbo wiederum hatte gerade ihren ersten Tonfilm gedreht und musste sich auf das neue Medium einstellen. Sie sollte einer der wenigen Stars sein, denen der Übergang vom Stummfilm in die neue Ära gelang.

Greta Garbo

Garbo schaffte als eine von wenigen Schauspielern den Sprung vom Stumm- zum Tonfilm. Salka Viertel war daran nicht unbeteiligt, denn sie gab ihr Sprechunterricht und wirkte als eine Art künstlerische Beraterin.

(Foto: DPA)

Und Salka Viertel half ihr dabei. Sie gab ihr Sprechunterricht, wirkte als eine Art künstlerische Beraterin und nahm bald entscheidenden Einfluss auf die Auswahl der Stoffe und die Gestaltung der Drehbücher.

Längst mochte die Garbo nicht mehr auf ihre Rolle als Vamp festgelegt werden. Salka Viertel entwickelte für sie Figuren wie die schwedische Königin Christine, die den androgynen Mythos der Garbo begründete, und setzte vor allem in den Verhandlungen mit den Studiobossen ihre ganze Energie dafür ein, diese Rollen durchzusetzen.

Für ein Jahrzehnt galt sie daher als eine Art graue Eminenz hinter der Garbo, umschwärmt wie beneidet um ihre Nähe zu dem Star. Doch bis in ihre Memoiren, die unlängst unter dem Titel "Das unbelehrbare Herz" bei Eichborn wieder aufgelegt wurden, war vor allem eines der Garant ihrer Freundschaft zu der öffentlichkeitsscheuen Diva: ihre Diskretion in persönlichen Dingen.

Als sich Greta Garbo nach dem Misserfolg von "Die Frau mit den zwei Gesichtern" aus dem Filmgeschäft zurückzog, lockerte sich auch der Kontakt zwischen den beiden. Salka Viertel brachte dies, auch wenn sie ihrer Rolle als "Garbo-Spezialistin" schon länger überdrüssig war, in existentielle Schwierigkeiten. Während der McCarthy-Ära als Kommunistin verdächtigt, war sie schließlich jeder Verdienstmöglichkeit beraubt, und so emigrierte sie zurück nach Europa. Im Schweizer Klosters, wo sie ihre letzten Lebensjahre verbrachte, besuchte die Garbo sie jeden Sommer für zwei, drei Monate.

War es immer noch die gleiche alte Freundschaft? Wahrscheinlich ja. "Und ich liebe sie, und ich hänge sehr an ihr", vertraute Salka Viertel ihrem Tagebuch an, "aber ihr Narzissmus bringt mich auf die Palme."

Nicole Nottelmann: Ich liebe dich. Für immer. Greta Garbo und Salka Viertel. Aufbau Verlag, Berlin 2011. 283 Seiten, 22,99 Euro.

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