Filmkomödie "Nur für Personal":Dienstmädchen aus dem sechsten Stock

Lesezeit: 2 min

Jean-Louis und Suzanne Joubert sind ein nicht mehr ganz junges Ehepaar in Philippe Le Guays neuer Filmkomödie "Nur für Personal". Im Paris der sechziger Jahre führen sie ein langweiliges Leben in einem vornehmen Stadthaus. Da entdeckt Jean-Louis, das in den Dachkammern der sechsten Etage des Hauses sechs spanische Dienstmädchen untergebracht sind.

Susan Vahabzadeh

Philippe Le Guays Film "Nur für Personal" vollführt eine Reise in jenen Teil der sechziger Jahre, den sich das Kino sonst nur vornimmt, um ihm die Leviten zu lesen: das revolutionsresistente gehobene Bürgertum.

Jean-Louis (Fabrice Luchini) lässt sich auch gerne von Maria (Natalia Verbeke) pflegen. (Foto: dpa)

Ein vergnügliches Großbürgermärchen: Ende der Fünfziger in Paris, der arrogante Vermögensverwalter Jean-Louis Joubert, den Fabrice Luchini als eine Mischung aus Diva und Spießer anlegt, lebt ungefähr so, wie es auch schon sein Großvater getan hat. Eines Tages sieht er sich gezwungen, sich von seiner Haushälterin zu trennen - dass diese Frau seit zwanzig Jahren wie ein Fußabtreter von der ganzen Familie behandelt wurde, ist allen herzlich egal. In Paris tauchen überall spanische Gastarbeiter auf, und die Spanierinnen teilen das Haushälterinnengewerbe unter sich auf.

So kommt ihm die junge Maria (Natalia Verbeke), ins Haus, die hübsch und zauberhaft ist, und mit ihren Kolleginnen in den Mädchenzimmern des Appartementhauses lebt, unter dem Dach, im sechsten Stock. Die Frauen wohnen nicht dort, sie leben tatsächlich - unterm Dach gibt es ein reges Treiben, Solidarität, Humor. Jean-Louis will dabei sein, denn er hat sich in Maria verliebt. Man kann den Mann verstehen: Zwischen Maria und Madame Joubert - Sandrine Kiberlain als frostige Zicke - liegt ein Temperaturunterschied von mindestens dreißig Grad.

"Nur für Personal" ist sehr gut darin, die Zeit zu beschreiben, vor allem in den Interieurs, solide Vorkriegseinrichtung mit leichten Sprengseln Moderne; und seine Figuren sind liebevoll gestaltet und sehr schön gespielt.

Klassenkampf und spanischer Bürgerkrieg werden gestreift, so als müsste man das in dem Zusammenhang mal eben erwähnen - ein soziales Lehrstück ist "Nur für Personal" aber nicht, dazu kreist der Film viel zu sehr ums klassische Klischee der heißblütigen Spanierinnen. Aber Fabrice Luchini zuzuschauen, wie er im sechsten Stock ein neues Ich entdeckt, hat seinen Charme, vom Drive der spanischen Damen lässt er sich mitreißen - bis er endlich ein neues Leben beginnt, eines, das in eine andere Epoche gehört.

Und so ist der Epilog dieses Films fast ein bisschen schwerer als alles, was vor ihm liegt, er erzählt vom Wandel der Zeit und vom Aufbruch in ein vereintes Europa.

Les femmes du 6ème étage, Frankreich 2010 - Regie: Philippe Le Guay. Drehbuch: Philippe Le Guay, Jérôme Tonnerre. Kamera: Jean-Claude Larrieu. Schnitt: Monica Coleman. Mit: Fabrice Luchini, Natalia Verbeke, Carmen Maura, Sandrine Kiberlain, Lola Dueñas. Concorde, 106 Minuten.

© SZ vom 08.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Schauspielerin Juliette Binoche
:Melancholisch war gestern

Sie hat Steven Spielberg mehr als einen Korb gegeben und als Krankenschwester den Oscar gewonnen. Meist waren ihre Rollen tragisch, schwermütig. Jetzt ist die Französin mit dem zauberhaften Lächeln wieder im Kino zu sehen. Ein Porträt in Bildern.

Anne Bohlmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: