Auswärtige Kulturpolitik:Umstrittenes Sprachrohr Deutschlands

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt echauffiert sich über den AfD-Vorsitz im Ausschuss: "So jemand vertritt nicht das Bild des weltoffenen Deutschlands, hinter dem 85 Prozent der Menschen stehen." (Foto: AFP)

Die AfD soll den Ausschuss für Auswärtige Kulturpolitik leiten - und sorgt damit für harsche Kritik.

Von Jörg Häntzschel

Auswärtige Kulturpolitik, das sind nicht mehr nur die Goethe-Institute. Es geht um Soft Power, darum, für das westliche Demokratiemodell zu werben und den Propagandisten aus China, der Türkei und Russland "im globalen Wettbewerb um Köpfe, Ideen und Werte" (Koalitionsvertrag) etwas entgegenzuhalten. Erstmals wurde dafür der Posten einer Staatsministerin geschaffen: Michelle Müntefering (SPD) hat ihn inne, sie ist nun das Pendant zu Kulturstaatsministerin Monika Grütters.

Umso merkwürdiger ist es, dass der Vorsitz des Bundestags-Unterausschusses für auswärtige Kulturpolitik nun an die AfD gehen wird. Im Koalitionsvertrag werteten die Regierungsparteien die auswärtige Kulturpolitik auf, doch bei der Verteilung der Gremienposten ließen sie der AfD den Vortritt. Die frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), seit Langem Mitglied des Ausschusses, ärgert sich über das Desinteresse der Kollegen: "Es ist kein gutes Bild, wenn ein Ausschuss, der für Austausch steht, für Integration, Inklusion, Demokratiebildung, freie Meinungsäußerung, von jemandem geleitet wird, der für Abschottung ist."

Inhaltlich kann der Vorsitzende ohne Mehrheit zwar wenig ausrichten. Doch als "Sprachrohr" (Schmidt) Deutschlands im Ausland komme ihm eine prominente Rolle zu. "So jemand vertritt nicht das Bild des weltoffenen Deutschlands, hinter dem 85 Prozent der Menschen stehen." Kritik kam auch vom Chef des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann. "Den Vorsitz eines so sensiblen Ausschusses dem Abgeordneten einer Fraktion zu überantworten, die die ... Erinnerungskultur in Deutschland, speziell die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus, infrage stellt, wird ... im Ausland auf Unverständnis stoßen."

© SZ vom 24.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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