Jugendarbeitslosigkeit in Europa:Kommt ins gelobte Deutschland

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Warten auf bessere Zeiten: Vor einem Arbeitsamt in Madrid stehen arbeitssuchende Menschen an. (Foto: AFP)

"Willkommen in Deutschland", heißt es ganz oben auf der Webseite. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, wirbt die Bundesagentur für Arbeit mit einer neuen Plattform um junge Arbeitssuchende aus dem Ausland. Doch in den europäischen Krisenländern sind solche Initiativen umstritten.

Von Thomas Öchsner

Sie sind jung, ohne Job, haben keine Ausbildung - und verlieren langsam den Glauben an die Demokratie: Die europäische Staatsschuldenkrise hat die Zahl der jungen Arbeitslosen in Europa rasant erhöht. 7,5 Millionen Menschen bis 25 Jahre sind in der Europäischen Union ohne Ausbildung und Job. In 13 EU-Ländern ist mehr als jeder vierte junge Mensch erwerbslos, in Griechenland und Spanien sogar jeder zweite.

"Jeder einzelne Jugendliche ist einer zu viel", sagt dazu Raimund Becker, Vorstandsmitglied bei der Bundesagentur für Arbeit (BA). Das zu ändern, gilt als schwierig. Das zeigt gerade in Berlin eine internationale Konferenz der BA zum Thema Jugendarbeitslosigkeit. Hoffnung machen derzeit eher die kleinen Schritte.

Die Bundesagentur versucht es seit Anfang der Woche mit einer neuen Homepage ( www.thejobofmylife.com), in dem sie um Jugendliche und arbeitslose junge Fachkräfte aus Europa wirbt. "Willkommen in Deutschland", heißt es auf der Seite ganz oben. Darunter können Interessenten Wissenswertes über die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt erfahren - zum Beispiel, dass Deutsche das Auto und den Buchdruck erfunden haben und es hierzulande "über 300 Brotsorten und über 1300 Bierbrauereien" gibt.

Geld für Sprachkurse, Reisen zu Bewerbungsgesprächen

Natürlich finden sich hier auch viele Tipps über den ersten Deutsch-Kurs und erste Hilfe für den Weg ins gelobte Land. 140 Millionen Euro macht die Bundesregierung bis 2016 dafür locker. Mit dem Sonderprogramm will Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die "berufliche Mobilität von ausbildungsinteressierten Jugendlichen und arbeitslosen jungen Fachkräften aus Europa" fördern. Es gibt Geld für Sprachkurse, Reisen zu Bewerbungsgesprächen und finanzielle Unterstützung während eines Praktikums oder einer Berufsausbildung.

BA-Manager Becker warnt aber vor übertriebenen Erwartungen. Er rechnet damit, dass in diesem Jahr "ein paar hundert Jugendliche" aus europäischen Krisenländern so einen Ausbildungsplatz bekommen können. "Das ist kein Massengeschäft", sagt er.

Interesse ist auf beiden Seiten vorhanden: 40 Unternehmen haben dafür bereits mehr als 400 Ausbildungsstellen gemeldet. Denn gerade kleine und mittlere Betriebe tun sich zunehmend schwer, aus dem schwindenden Reservoir in Deutschland geeignete Auszubildende zu finden.

Junge Leute ohne Perspektive in ihrer Heimat hierher zu holen, ist allerdings umstritten. Die Sorge, dass der talentierte Nachwuchs ins Ausland geht und womöglich nicht mehr zurückkommt, greift in den Krisenländern um sich. Schließlich könnten auch dort wegen des Geburtenrückgangs in Zukunft Fachkräfte dringend gesucht sein. "Junge Menschen sind die Zukunft eines Landes. Niemand lässt die Zukunft gerne ziehen", sagt BA-Vorstandsmitglied Becker.

Nichts zu tun, gehe aber auch nicht, warnt von der Leyen. Man könne den Jugendlichen nicht zumuten, fünf bis zehn Jahre zu warten, bis die Lage auf dem Arbeitsmarkt wieder besser sei. So versucht die EU ebenfalls gegenzusteuern.

Sozialkommissar Laszlo Andor hat einen ehrgeizigen Plan: Jeder junge Erwachsene bis zum 25. Lebensjahr müsse innerhalb von vier Monaten, nachdem er seine Stelle verliert oder seine Ausbildung beendet, ein "qualitativ hochwertiges" Angebot für einen Arbeits-, Ausbildungs- oder Trainingsplatz erhalten, fordert der Ungar. Als Vorbild für diese Garantie gelten ähnliche Modelle in Österreich und Finnland. Der Vorschlag hat allerdings zwei Haken. 21 Milliarden Euro würde so eine Garantie kosten. Und was Andor sagt, ist nur eine Empfehlung.

© SZ vom 29.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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