Frauenquote und Politik:Die anderen machen's besser

"Der Autopilot muss anders programmiert werden": Die Union will mehr Frauen in der Führungsriege - und holt sich jetzt Tipps bei der Telekom.

Kassian Stroh

Hier sitzen zwei Gleichgesinnte am Tisch. Wohl jeden Satz der einen würde die jeweils andere unterschreiben. Wenn es darum geht, warum Frauen in den Führungsetagen ihrer Organisationen völlig unterrepräsentiert sind. Oder bei der Frage, wie dies zu ändern ist. Nur eines trennt die beiden Frauen: Mechthilde Maier, bei der Telekom für "Diversity Management" zuständig, hat erreicht, dass ihr Konzernvorstand eine Quote beschlossen hat: Bis 2015 soll ein Drittel aller Führungskräfte weiblich sein. Angelika Niebler, die Vorsitzende der bayerischen Frauen-Union (FU), will in der CSU-Satzung verankern, dass Frauen 40Prozent aller Posten in den Parteigremien besetzen, seien es nun Vorstände oder Delegiertenversammlungen. Ob sie das erreicht, ist indes fraglich.

Die Zeit ist reif

Am Freitagnachmittag war Maier beim FU-Landesvorstand zu Gast. Das Treffen war seit längerem geplant, nun stellt sich der Termin als Glücksfall für Niebler dar. Hat die Telekom doch ihre Quoten-Pläne am Montag erst vorgestellt und damit bundesweit eine breite Debatte über Frauenförderung in Gang gesetzt. "Diese Riesenresonanz hat mich überrascht", sagt Maier. "Das zeigt, dass die Zeit reif ist."

In der CSU vielleicht noch nicht so ganz, dort formiert sich Widerstand gegen die Frauenquote. Niebler hat Maier deshalb auch nicht eingeladen des gegenseitigen "Seelenstreichelns" wegen, sondern um von ihr zu lernen. Tipps von der Telekom - so schreiben die FU-Vorsitzende und ihre Mitarbeiterinnen auch eifrig mit, wenn Maier spricht. Die Quote sei für die Telekom "keine Dauerlösung", aber sie sei notwendig als "Anschub für Veränderung, um den Umschwung hinzukriegen", sagt Maier zum Beispiel. "Es muss etwas passieren, dass der Autopilot anders programmiert wird." Da sagt Niebler zu ihrer Pressesprecherin: "Das ist ein tolles Bild, das übernehmen wir." Auch weil Männer es verstehen.

Langwieriger Weg

Die Probleme hier wie dort ähneln sich verblüffend. Trotz aller Förderprogramme und Selbstverpflichtungen, den Frauenanteil zu erhöhen, habe sich in den vergangenen zehn Jahren bei der Telekom allenfalls im Zehntelbereich etwas geändert, berichtet Maier. Dieser Weg sei zu langwierig; "dass mehr Frauen in Führungspositionen sind, erleben sonst meine Enkel nicht mehr".

Auch im CSU-Archiv dürften die Bekenntnisse von Parteichefs zur Frauenförderung ganze Regalmeter einnehmen. Getan hat sich wenig. Von den Parteimitgliedern sind etwa 20 Prozent weiblich, bei den CSU-Bundestagsabgeordneten sank der Anteil zuletzt gar auf 13 Prozent. Dabei ist Niebler sicher: "Da, wo Frauen federführend beteiligt sind, ist die jeweilige Organsiation erfolgreicher aufgestellt".

Am Ende entscheidet die Qualifikation

Das Argument, dass mit einer Quote Männer gegenüber schlechter qualifizierten Frauen im Nachteil seien, lässt Maier nicht gelten. Bei der Telekom wird es keine fixen Quoten für Führungsjobs geben, aber bei den Bewerbern in der Endauswahl muss mindestens eine Frau zwei Männern gegenüber stehen; sonst wird die Stelle neu ausgeschrieben. Am Ende entscheidet also die Qualifikation - das sei den grundsätzlich "sehr leistungsorientierten" Frauen wichtig, sagt Maier.

In der CSU jedoch sind es nicht zuletzt die Jungen, die dieses Leistungsargument gegen die Quote vorbringen. Der Vorstand der Jungen Union hat sie jüngst erst klar abgelehnt. Als Antwort auf Bedenkenträger beharrt Niebler freilich nicht darauf, dass eine 40-Prozent-Quote von heute auf morgen umgesetzt werden müsste, sollte der Parteitag im Herbst sie beschließen. Unabdingbar sei, sie in der Satzung zu verankern - über Details der Umsetzung könne man reden, sagt Niebler. Abermals zehn Jahre zu verschwenden mit Bekundungen guten Willens, könne sich ihre Partei aber nicht leisten.

"Der Weg ist sehr steinig"

Maiers wichtigster Rat an die CSU-Frauen ist freilich: Da alle das Ziel der Frauenförderung teilten, sei die Diskussion über den Weg dorthin wichtig. Am Ende müsse die Führung darüber entscheiden und dies dann gemeinsam umsetzen - "der Weg ist sehr steinig". Im Telekom-Vorstand sei die Causa "unumstritten" gewesen, berichtet Maier.

Und auch Niebler sieht die CSU-Spitze hinter sich. Parteichef Horst Seehofer hat sich öffentlich zwar noch nie explizit für die Quote ausgesprochen. Niebler sieht ihn dennoch an ihrer Seite: Wer ihm in Sachen Frauenförderung nichts Besseres vorschlagen könne, brauche ihm nicht zu kommen, habe Seehofer gesagt. Und überliefert ist auch das Zitat: "Wer nicht hören will, muss fühlen, und das werden wir tun." Das sagte Seehofer im Juni 2009, als die FU nach Jahren des Zögerns formell beschloss, für die Quote einzutreten.

Die Quote ist nicht genug

Dass die Unterstützung der Parteiführung nicht ausreicht, weiß Niebler, die deshalb in der ganzen CSU die Debatte anstoßen und für wie Quote werben will. Und auch da hat Maier noch einen Rat für sie: Eine Quote einzuführen, sei nicht genug. Eine Firma oder Partei müsse auch ermöglichen, dass das Engagement von Frauen erwünscht sei und dass sie es mit Familie und Beruf vereinbaren können. "Die Quote ist das eine", sagt Maier, "das andere ist die Kultur, dass Frauen auch willkommen sind."

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