Frage an den SZ-Jobcoach:Soll ich dual studieren oder an der Uni?

Lesezeit: 2 min

Lieber dual studieren oder doch klassisch an der Uni? (Foto: Jessy Asmus)

Vincent K. zieht beide Optionen in Betracht und möchte nun wissen, welche ihm bessere Jobchancen bringt.

SZ-Leser Vincent K. fragt:

Ich bin 19 Jahre alt und fast fertig mit der Schule. Was meine Zukunft angeht, schwanke ich momentan zwischen einem dualen BWL-Studium und einem BWL-Studium an der Universität. Dual zu studieren hat den Vorteil, dass man dann schon Berufserfahrung gesammelt und außerdem einen Job sicher hat. (Grundsätzlich würde ich mich nur bei großen Dax-Unternehmen bewerben.) Für die Uni spricht, dass man sich dann auf das Studium konzentrieren kann und der Abschluss ein höheres Ansehen hat. Wie soll ich mich entscheiden?

Christine Demmer antwortet:

Lieber Herr K., Ihre Überlegungen gehen in die richtige Richtung. Aber warum enden Ihre Projektionen mit dem Tag des Studienabschlusses? Um die Entscheidungsmatrix zu vervollständigen, rate ich Ihnen, noch ein paar Jahre weiter in die Zukunft zu denken.

Studium
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Von Joachim Göres

Gewiss ist Praxiserfahrung während des dualen Studiums ein Pluspunkt. Auch Arbeitgeber bevorzugen Bewerber, deren Lernfortschritte sie vom ersten Tag an haben beobachten können. Doch was macht Sie so sicher, dass Sie nach einem dualen Studium einen Job "sicher haben"? Insbesondere bei Großunternehmen dreht sich der Einstellungswind recht schnell. Im Zuge eines wirtschaftlichen Einbruchs kann er den im eigenen Haus ausgebildeten Akademikern auch mal ganz frontal entgegenwehen.

Nach der Finanzkrise 2009 haben einige Unternehmen (und das waren keine Mittelständler!) auch soeben abgeschlossene Einstellungsverträge mit Hochschulabsolventen sang- und klanglos gekündigt. Wer aus Sparsamkeit komplett auf den Nachwuchs verzichtet, macht bei Hausgewächsen keine Ausnahme. Dieses Argument für das duale Studium würde ich an Ihrer Stelle also nur mit halbem Gewicht in die Waagschale werfen.

Dafür können Sie ein anderes dazulegen: Nach dem dualen Studium wissen Sie ziemlich gut, wo der Hase in den Betrieben so läuft. Zum Beispiel: Im welchen Bereichen man am schnellsten vorankommt, welche das höhere Ansehen genießen, wo die Personalnot am größten ist und auf welchem Stockwerk man am besten verdient. Dieses Wissen ist gerade beim Berufseinstieg unglaublich wertvoll. Diesen Punkt können Sie ruhig doppelt gewichten.

Auch die Gedanken, die Sie für ein Uni-Studium ins Feld führen, sind grundsätzlich richtig. Jedenfalls dann, um Ihr erstes Pro-Argument aufzugreifen, wenn Sie während des Studiums nicht jobben müssen. Wenn Sie aber noch zehn oder zwanzig Stunden in der Woche ihre Brötchen verdienen müssen, sollten Sie sich beim Unistudium ebenso ranhalten wie bei der dualen Variante. Passen Sie die Gewichtung dieses Aspekts also Ihrer persönlichen Situation an. Das ist beim zweiten von Ihnen genannten Vorzug - das höhere Ansehen des Universitätsstudiums - nicht nötig. Es ist einfach so.

Und jetzt kommt's: Wenn die Nachfrage nach dualen Studienplätzen weiter wächst wie bisher, werden die Uni-Betriebswirte in nicht ferner Zukunft in der deutlichen Minderheit sein. Und was besagt das Gesetz von Angebot und Nachfrage? Eben. Schon jetzt lässt sich seine Wirksamkeit daran erkennen, dass Berufseinsteiger mit Uni-Bachelor ein paar Tausend Euro mehr Jahresgehalt bekommen als ihre Kollegen mit einem dualen Bachelor - ganz zu schweigen von den Konsumaufschiebern, die auf den Bachelor einen Master gesetzt haben. Das addiert sich über die nächsten Jahre zu einem netten Sümmchen. Wenn das zukünftige Gehalt für Sie keine Rolle spielt, können Sie das natürlich vergessen. Falls aber nicht, dürfen Sie den Planungszeitraum bei Ihrer Entscheidungsfindung nicht zu kurz ansetzen.

Christine Demmer arbeitet als Wirtschaftsjournalistin und Coach in Deutschland und Schweden.

© SZ vom 07.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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