Onkologie:Hunde scheitern bei der Krebsdiagnostik

Hundeschwimmen im Freibad

Ein kleiner Hund braucht weniger Futter - und belastet damit auch die Umwelt weniger.

(Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Forscher behaupten immer wieder, dass Hunde riechen, wenn Menschen an Lungenkrebs erkranken. Eine neue Studie bezweifelt das massiv.

Von Werner Bartens

Hunde werden überschätzt. Als Haustiere sowieso, aber auch in anderer Hinsicht. Als vor einigen Jahren behauptet wurde, dass Hunde erschnüffeln könnten, ob ein Patient an Krebs leidet, rümpften skeptische Naturen zwar sofort die Nase. Angesichts einer in vielen Ländern unkritisch praktizierten Tierliebe setzte sich diese zweifelnde Haltung jedoch nicht durch. Den Vierbeinern wurden voreilig tumordiagnostische Fähigkeiten zugebilligt. Der beste Freund des Menschen galt fortan nicht nur als treuer Begleiter, sondern auch als zuverlässiges Frühwarnsystem in der Krebserkennung, das mit feinem Gespür Ausdünstungen des Tumors wahrnimmt, die Arzt und Maschine verborgen bleiben.

Eine Untersuchung im Fachblatt Journal of Breath Research hat jetzt allerdings gezeigt, dass auf den tierischen Riecher recht wenig Verlass ist (Bd. 10, S. 046003, 2016). Wissenschaftler aus Österreich und Deutschland ließen Hunde an isolierten Atemproben von 122 Menschen schnuppern. Bei 29 der Testpersonen lag die bestätigte Diagnose Lungenkrebs vor, sie waren bisher aber noch nicht gegen den Tumor behandelt worden. Die 93 übrigen Versuchsteilnehmer wiesen hingegen keinerlei Symptome oder andere Anzeichen für Lungenkrebs auf.

Sechs erfahrene Such- und Spürhunde setzten sich dem Schnüffeltest aus: Ein Golden Retriever, ein Labrador, ein Riesenschnauzer, ein Großer Münsterländer, ein Havaneser und ein Deutscher Schäferhund. Fünf Monate lang wurden die Tiere trainiert und belohnt, wenn sie die richtige Probe erkannten; in dieser Zeit nahmen sie keine anderen Suchaufgaben wahr. Trotz dieser intensiven Vorbereitung war die Erfolgsquote mäßig, als es um den Ernstfall ging: Beschnupperten Hunde die Proben von Krebspatienten, lagen sie in der Spanne von 45 Prozent (das ist geringer als die Rate-Wahrscheinlichkeit) bis 74 Prozent richtig. Noch ungenauer fiel die Diagnose der Hunde bei Proben von Patienten ohne Krebs aus. Hier erkannten die Tiere nur im Bereich zwischen 29 und 52 Prozent, dass kein Tumor vorlag.

Hat der Hund Langeweile oder Hunger, fällt die Diagnose ungenauer aus

"Unsere Hunde haben sowohl mit den positiven als auch mit den negativen Proben Fehler gemacht", sagt Klaus Hackner vom Universitätsklinikum Krems, der die Studie geleitet hat. "Ein Grund für die mäßigen Ergebnisse könnte der Stress sein, den die Testsituation für Hunde wie Halter mit sich bringt. Erfolgserlebnisse und regelmäßige Belohnung sind für jede Art von Spürarbeit wichtig." Eventuell würden sich mit einem optimierten Versuchsaufbau die Ergebnisse verbessern lassen, mutmaßen die Forscher. "Hunde haben ja in der Spurensuche, zur Entdeckung von Sprengstoff und in der Rettung schon gezeigt, dass ihre Nasen extrem empfindlich sind", sagt Hackner. "Aber im Gegensatz zu Messinstrumenten sind sie eben auch anfällig für Langeweile, Aufmerksamkeitsschwäche, Müdigkeit, Hunger und andere Ablenkungen."

Im Jahre 2006 hatte eine Forschergruppe beschrieben, dass Hunde mit fast hundertprozentiger Genauigkeit Lungenkrebs erschnüffeln konnten. Weitere Berichte folgten, in denen die tierische Erfolgsquote jedoch zunehmend geringer ausfiel. Wie spürgenau die Hunde unter optimalen Bedingungen auch sein mögen - einschränkend geben die Forscher aus rein praktischen Erwägungen zu bedenken, dass eine Krebsdiagnose im Idealfall schnell, einfach und kostengünstig erfolgen sollte. Sich in derart existenziellen Fragen auf die Launen eines Rassehundes zu verlassen, mag nicht unbedingt die beste Lösung sein.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: