Hausgeburt, Geburtshaus, Entbindungsklinik:Suche nach dem besten Geburtsort

Wo wirst Du entbinden? Diese Frage bekommen Schwangere meist eher gestellt, als ihnen lieb ist. Die Entscheidung müssen sie individuell treffen. Welche Fakten sie dafür kennen sollten.

Die Frage nach dem Geburtsort kann heikel sein. Nicht selten spielen Ideologien und Vorurteile in die Entscheidung hinein. Manche Schwangere denken beim Wort Klinik nur an Apparatemedizin, Kaiserschnitte, pharmakologische Mittel und wollen lieber so entbinden, wie Generation von Frauen es früher taten: im eigenen Bett oder doch wenigstens in einem Geburtshaus. Andere Frauen halten dies für unvernünftig, wenn nicht unverantwortlich und würden nie auf die medizinische Erfahrung einer Klinik verzichten. Wer Recht hat, ist pauschal nicht zu entscheiden. Über die Vor- und Nachteile der Geburtsorte.

Hausgeburt

Das eigene Schlafzimmer ist der umstrittenste Geburtsort. Hier wird die Frau von einer Hebamme entbunden, sofern die Geburt keinerlei Komplikationen erwarten lässt. Der Vorteil ist, dass die Schwangere die Hebamme in der Regel schon länger kennt und sich in vertrauter Umgebung befindet. Dies kann Sicherheit vermitteln.

Der Nachteil sind die etwas größeren Risiken. Studien zur Sicherheit der Hausgeburten lassen sich so zusammenfassen: Die Mutter profitiert von der sanfteren Geburt, für das Kind aber ist die Gefahr von schweren Komplikationen erhöht. So ergab eine US-amerikanische Übersichtsstudie, in der die Erfahrungen von mehr als einer halben Million Geburten einflossen, dass Mütter bei Hausgeburten weniger Schmerzmittel brauchen, weniger Dammschnitte bekommen und sich seltener Infektionen zuziehen. Doch das Sterberisiko der Säuglinge liegt etwa dreimal so hoch wie in der Klinik. Eine Hebamme allein kann auf einen Notfall, etwa Atemnot des Kindes, weniger gut reagieren, als ein Klinikteam mit entsprechender technischer Ausrüstung.

Allerdings ist das Sterberisiko auch bei einer Hausgeburt insgesamt sehr klein. Nur etwa eines von 1300 Kindern stirbt. Die meisten Ärzte raten bei einer komplikationslosen Schwangerschaft auch nicht strikt von einer Hausgeburt ab. Denn Frauen können es als extrem verunsichernd oder traumatisch erleben, wenn sie sich in eine Umgebung und zu Eingriffen gezwungen fühlen, die ihren Überzeugungen widersprechen.

"Katastrophen können passieren"

Dennoch stellen die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und der Berufsverband der Frauenärzte in einer Stellungnahme fest, "dass die größtmögliche Sicherheit für Mutter und Kind während der Geburt nur in einer Geburtsklinik gewährt werden kann". Klaus Friese, ärztlicher Direktor und Chef der Gynäkologie in der onkologischen Spezialklinik Klinik Bad Trissl und Präsident der DGGG, sagt es deutlicher: "Ich habe in meinem Berufsleben schon so viele unerwartete Komplikationen - selbst bei Bilderbuchschwangerschaften - erlebt, dass ich immer zur Vorsicht raten würde". Es gehe dabei nicht um Ideologien, sondern um die Erfahrung: "Katastrophen können passieren."

Geburtshaus

Im Geburtshaus entbinden die meisten Schwangeren ambulant, das heißt, sie können kurz nach der Geburt wieder nach Hause gehen. Von Vorteil ist, dass die Gebärenden die Hebamme meist schon kennen, dass die Häuser auf eine angenehme Atmosphäre achten und sich in aller Regel der Natürlichkeit verschrieben haben.

Der Nachteil ist wie bei Hausgeburten, dass im Notfall kein Arzt und wesentlich weniger technische Ausrüstung zur Verfügung stehen. Ob die Geburtshäuser - etwa durch Nähe zu Kliniken oder die Verfügbarkeit von mehreren Hebammen - sicherer sind als die Hausgeburt, ist nicht untersucht.

Klinik

Die weitaus meisten Kinder kommen in einem Krankenhaus zur Welt. Für die Klinik spricht, dass auch für Notfälle vorgesorgt ist: Frauenärzte, ein OP-Team und ein Kinderarzt sind rund um die Uhr verfügbar.

Ein Nachteil ist häufig die anonyme Atmosphäre. Frauen kennen in den meisten Fällen weder Arzt noch Hebamme, Mehrbettzimmer lassen Privatsphäre vermissen. Lange Flure, kahle Wände und die allgegenwärtigen medizinischen Geräte wirken so gar nicht kuschelig und romantisch.

Allerdings bieten mittlerweile auch viele Kliniken einen Großteil der Annehmlichkeiten, die Frauen an alternativen Geburtsorten schätzen. So können Paare ein Zimmer buchen und die ersten Tage gemeinsam in der Klinik verbringen. Wer so schnell wie möglich nach Hause will, kann auch in einer Klinik ambulant entbinden. An einigen Häusern arbeiten Belegärzte. Dies sind niedergelassene Gynäkologen, die in den Kreißsaal kommen, wenn bei ihren Patientinnen die Geburt einsetzt. Auch naturheilkundliche Mittel gehören in vielen Krankenhäusern längst zum Standard.

Mütter, die sich für eine Klinik entscheiden, sollten sich rechtzeitig über deren Anmeldetermine und Gepflogenheiten erkundigen. Bei einigen muss man sich lange vor der Geburt anmelden. Sehr ratsam ist, sich die Klinik genau anzuschauen, auch um sich mit dem kommenden großen Ereignis vertrauter zu machen.

Die Erfahrung zeigt, dass im Ernstfall weniger entscheidend ist, wie hübsch die Wände des Kreißsaals gestaltet sind, sondern wie die Ausstattung und Atmosphäre auf der Wöchnerinnenstation ist. Denn dort verbringen die meisten Frauen viel mehr Zeit - und zwar eine sehr sensible Phase, in der sie die ersten echten Bande zu ihrem Baby knüpfen.

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